Der Mythos von den Spür-Bienen

Forschung: Warum die Insekten bei der Minensuche nicht hilfreich sind.

Zagreb. Es klingt unglaublich: Bienen schwärmen über Kroatiens Wiesen und spüren tödliche Landminen auf, die dort seit dem Kroatien-Krieg (1991-1995) verborgen liegen. Ein Szenario, das Wissenschaftler der Universität von Zagreb als Lichtblick im künftigen Kampf gegen die etwa 250 000 Minen sehen. Denn die kleinen Insekten lassen sich innerhalb weniger Tage so auf den Geruch des Sprengstoffs dressieren, dass sie versteckte Minen ansteuern. Nikola Kezic, ein Professor für Agrarwissenschaften an der Universität, ist davon begeistert. "Die Ergebnisse der Experimente sind ausgezeichnet."

Seit einigen Jahren taucht die Geschichte von kleinen Bienen auf großer Minen-Mission regelmäßig auf und hält sich hartnäckig. Dabei ist sie offenbar nicht mehr als eine nette Theorie.

Hinzu kommt, dass die schwarz-gelben Insekten den Sprengstoff zwar aufspüren, aber nicht genau orten können. Zum einen ist der Geruch recht schwach, weil die Minen unter der Erde liegen, zum anderen wird er in alle Richtungen verströmt. "Die Bienen werden nicht losfliegen und sich auf eine Mine setzen", ist sich Rieger sicher. "Sie können höchstens anzeigen, dass irgendwo in einem größeren Umkreis von mehreren Metern Minen liegen." Allein auf die Bienen kann man sich bei der Suche also nicht verlassen.

Außerdem lassen sich die Insekten nur bedingt dressieren. "Wenn sie von einem anderen Geruch abgelenkt werden, sind sie schneller weg als sie gucken können", sagt Rieger.

Und ist eine auf Sprengstoff dressierte Biene einmal entwischt, müssen Forscher wieder neue Tiere konditionieren - und das einzeln. "Mehrere Bienen auf einmal loszuschicken, ist Unsinn", sagt Agraringenieur Etzold. Zum einen würden sie sich wahrscheinlich gemeinsam auf den Weg machen, "zum anderen hat man dann überhaupt keine Kontrolle über sie", erklärt er.

Es liegt auch gar nicht in der Natur der Bienen, gemeinsam auszuschwärmen. "Die Arbeitsteilung innerhalb eines Volkes sieht vor, dass eine Flugbiene eine Futterquelle ausfindig macht und den anderen Bienen mit einer Futterprobe vermittelt, wo es etwas zu fressen gibt." Eine Idee der Natur, die bei der Minensuche wenig hilfreich ist.

Der Lichtblick der kroatischen Forscher scheint sich endgültig zu verdunkeln. Denn es gibt noch eine weitere Schwierigkeit, die zunächst vielversprechenden Laborversuche in der Praxis anzuwenden: "Bienen werden nur etwa sechs Wochen alt", sagt Rieger. Es müssten ständig neue Insekten auf Sprengstoff dressiert werden. "Das ist ein wahnsinniger Aufwand, der kaum Erfolg verspricht. Da ist es besser, sich auf Spürhunde oder Ratten zu verlassen."