Deutscher tanzt im „Moulin Rouge“
Zwischen Champagner, Glitzer und nackten Brüsten: Jasper Hanebuth auf der berühmtesten Bühne von Paris.
Paris. Das merkwürdige Haus mit der roten Mühle auf dem Dach hatte es Jasper Hanebuth schon als Neunjähriger angetan. Es sei das „Moulin Rouge“, eins der schönsten Varietés der Welt, hatte ihn seine Mutter damals im Paris-Urlaub aufgeklärt. „Ich war fasziniert, vergaß es dann aber wieder für viele Jahre“, sagt er. Seit Mai gehört der 30-Jährige als einziger Deutscher zum festen Ensemble des mondänen Varieté-Theaters.
Hinter den schweren Samtvorhängen, wo schon seit mehr als 120 Jahren Tänzerinnen und Tänzer auf ihren großen Auftritt warten, sitzt der Tänzer aus der Nähe von Hannover an diesem Abend mit angezogenem Bein auf einer Bank, das Kinn aufs Knie gestützt. „Früher war ich viel auf Kreuzfahrtschiffen unterwegs — mal auf besseren, mal auf schlechteren.
Aber es ermöglichte mir, die Welt zu sehen und gleichzeitig mit Tanzen Geld zu verdienen“, erzählt er. Um ihn herum huschen Tänzerinnen durch die verwinkelten Garderobengänge. Ein Jongleur im schwarzen Glitzerhemd lugt kurz hinter dem Vorhang hervor: In 20 Minuten beginnt die Show.
Vorne im schummrig beleuchteten Ballsaal werden den Gästen Gänseleberpastete, Jakobsmuscheln und Hummer gereicht. Der Champagner fließt in Strömen, jährlich werden hier 240 000 Flaschen geköpft. Das Varieté lockt nach Betreiberangaben jährlich 600 000 Zuschauer, die Hälfte davon aus dem Ausland. Früher traten hier Musikgrößen wie Edith Piaf, Frank Sinatra und Ray Charles auf.
Die Mutter schickte Jasper Hanebuth als Zehnjährigen gegen seinen Willen zum Tanzunterricht: „Sie sah, dass ich Rhythmus und künstlerisches Talent in mir habe.“ Er sträubte sich anfangs, dann setzte Leidenschaft ein.
Ein Jahr vor dem Abitur schmiss er die Schule — der Bühne wegen. Es zog ihn nach Hamburg und London, wo er eine Tanz-, Gesangs- und Schauspielausbildung absolvierte. Während eines Europa-Trips stand er 2007 erneut vorm Moulin Rouge: „Als ich die Show sah, wusste ich: Da will ich auch hin.“ Die Anforderungen sind hoch, Hanebuth schaffte es im zweiten Anlauf. Die Vortanzen finden mehrmals im Jahr auf Einladung statt, neben einem ansprechenden Äußeren und einer Mindestgröße von 1,85 Metern für Männer muss man eine Ballett-Ausbildung vorweisen können.
Nach den Aufführungen lässt die Gruppe gerne die Korken knallen: „Das Moulin Rouge hat die schönsten Mädels der Stadt. Wir bekommen in Klubs oft einen Tisch im VIP-Bereich.“ Weniger glamourös ist dagegen der Alltag in der Metropole mit ihren extrem hohen Mietpreisen. „An die 17-Quadratmeter-Wohnung muss ich mich noch sehr gewöhnen, und wirklich gutes Französisch spreche ich noch nicht“, sagt Jasper. Am Hungertuch müsse er aber auch nicht nagen. „Wir verdienen gutes Geld — aber das Leben in Paris ist deutlich teurer als in Deutschland.“