Die Diva mit der roten Mähne

Sie zählt zu den großen Chansonstars. Ob Brecht, Schlager oder Oper — Milva setzt sich über Genre-Grenzen hinweg. Am Donnerstag wird die Italienerin 75 Jahre alt.

Rom. „Hurra, wir leben noch“ — leicht rauchig klingt die Stimme, die wie eine Hymne auf das Durchhalten gegen die Schicksalsschläge des Lebens klingt: Über Jahrzehnte hat Milva sie gesungen, vor allem in Deutschland, wo die italienische Diva mit der roten Haarmähne wohl ihre größten Erfolge feierte. Deutsch sei ihre zweite Muttersprache, sagte sie einmal. Am Donnerstag wird Milva 75 Jahre alt.

„Ich weiß, was ich will. Ich geb’ nicht gern nach. Ich leg’ mich nicht fest“, heißt es in einem anderen Milva-Song, der wohl auch für ihren Lebensweg stehen könnte. Dutzende Alben hat sie veröffentlicht. Sie gab Gastkonzerte, ging auf Tourneen, sang in der Mailänder Scala, dem Pariser Olympia-Theater und dem Almeida Theatre in London. Fast 20 Mal trat sie beim Festival von San Remo auf.

Anfang der 70er Jahre entdeckte sie ihre Liebe zu Bertolt Brecht, trat an Giorgio Strehlers Mailänder „Teatro Piccolo“ als Seeräuberjenny in der „Dreigroschenoper“ auf und an der Deutschen Oper Berlin in „Die sieben Todsünden der Kleinbürger“. In der Folgezeit hat sie immer wieder Abstecher auf die Opernbühne unternommen, zum Beispiel als Prinz Orlowsky in Johann Strauß’ „Fledermaus“.

Gleichzeitig wartete sie mit gelungenen Interpretationen von Edith-Piaf-Chansons und Zarah-Leander-Stücken auf, gab Opern-Gastspiele („Tosca“; „Peter Pan“) und widmete sich mit Hilfe von Astor Piazzolla dem argentinischen Tango, der zu einem ihrer Steckenpferde wurde.

Ihre Altstimme war wohl wie geschaffen für die rauen Lieder des Griechen Mikis Theodorakis, der in den 70ern mit seiner Musik gegen die Diktatur der Generäle opponierte. Ein Millionenpublikum eroberte sie sich jedoch vor allem mit anspruchsvollen Schlagern, wie „Freiheit in meiner Sprache“ oder „Stark sein“.

Neben ihrer Gesangskarriere stand Milva auch als Schauspielerin immer wieder vor der Kamera, etwa in Filmen mit Silvana Mangano, Annie Girardot, Otto Sander und Juliette Binoche. Ihre große Liebe blieben die Texte Brechts, mit denen sie weltweit ihre größten Erfolge feierte. 1996 brachte sie das Album „Milva singt einen neuen Brecht“ heraus.

Vielleicht nicht ganz so strahlend war Milvas Leben hinter der Bühne. Ihre einzige Ehe hielt zehn Jahre, Partner verließen sie. Nach 52 Jahren kündigte „La Rossa“ (Die Rote) 2010 ihren Rückzug aus dem Showgeschäft an — seitdem lebt sie weitgehend zurückgezogen. Sie müsse auf ihren Körper hören, den sie sehr schlecht behandelt habe, sagte sie damals in einem Zeitungsinterview.