Riesenspanne bei Müllgebühren
Der Bund der Steuerzahler kritisiert steigende Abgaben für Abwasser und Abfallbeseitigung.
Düsseldorf. Die Wohnnebenkosten sind in NRW im vergangenen Jahr erneut gestiegen. Das ergab der aktuelle Gebührenvergleich, den der Bund der Steuerzahler gestern vorstellte. Für einen vierköpfigen Musterhaushalt stiegen die Abwasserkosten im Schnitt von 687 auf 692 Euro pro Jahr — ein Plus von 0,8 Prozent. Das sei etwas weniger als in den Vorjahren. Der Bund mit bundesweit rund 250 000 Mitgliedern vermutet, dass sich viele Politiker vor der Wahl im Mai vor unpopulären Anhebungen gescheut hätten.
Dafür, dass dennoch vielerorts unverhältnismäßig an der Preisschraube für Abwasser gedreht werde, sieht der Bund vor allem einen Grund: Manche NRW-Kommunen versuchten ihre angeschlagenen Haushalte auf dem Rücken der Einwohner zu entlasteten, indem der Ermessensspielraum sowie buchhalterische Berechnungsvarianten bei den Abwassergebühren ausgereizt werden. „Die Kommunen bewegen sich damit zwar innerhalb der rechtlichen Grenzen“, sagte der NRW-Vorsitzende Heinz Wirz, politisch sei es allerdings alles andere als bürgerfreundlich.
Vor allem in Westfalen muss mehr bezahlt werden: In Sassenberg bei Warendorf um 28,2 Prozent, im lippischen Leopoldshöhe sogar um 30,4 Prozent. Zum Vergleich: In Krefeld sank der Satz um 1,1 Prozent, im Kreis Minden-Lübbecke gar um 24,1 Prozent.
Wie bei den Abwässern sind auch die Gebühren für die Müllentsorgung stabil geblieben. Das könne sich aber spätestens dann ändern, wenn die Landesregierung eine Biotonne flächendeckend einführen wolle. „Da die Verwertung nicht kostendeckend ist, würden die Gebühren dann steigen.“
Zugleich kritisiert der Bund, dass sich die Städte und Kreise weigern, die ausgehandelten Preise der Hausmüll-Verbrennungsanlagen zu nennen. Diese beriefen sich auf Verschwiegenheitsklauseln, warnten aber zugleich vor einer Neiddebatte. Hintergrund sind laut Wirz deutlich unterschiedliche Preise, die Städte und Kreise bei ein und derselben Müllverbrennungsanlage zahlen. Das hänge damit zusammen, dass viele Städte an eine bestimmte Anlage gebunden seien, während andere frei in der Wahl sind, EU-weit ausschreiben können und sich dann das günstigste Angebot aussuchen. So liefern Duisburg und Oberhausen an dieselbe Anlage wie der Kreis Coesfeld, doch komme Coesfeld erheblich günstiger weg.
Ähnlich verhalte es sich auch am Niederrhein, wo der Kreis Viersen den Vertrag mit der Verbrennungsanlage in Krefeld nicht verlängert habe und jetzt lieber auf Köln und Solingen setze. Ähnlich sei es mit Mönchengladbach, das derzeit mit einer Jahresgebühr für je 120 Liter Rest- und Biomüll sowie Papierabfall von 732,38 Euro zu den teuersten Städten gehört. Dort sei allerdings auch ein Abwandern von Krefeld angedacht, was in den kommenden Jahren zu sinkenden Gebühren führen können — zugunsten der Bürger.