Die einzige Matrosin an Bord
Viola Müller macht ihre Ausbildung auf dem Bodensee. Gerade arbeitet die 18-Jährige als „Deckmann“ auf einem Passagierschiff. Ihr großer Traum aber ist das Meer.
Friedrichshafen/Lindau. Am liebsten fährt Viola Müller die „Baden“ und die „Schwaben“, historische Motorschiffe aus den 1930er Jahren mit Platz für 700 Passagiere. „Ich liebe die Schiffe, ihre Kraft und Größe“, schwärmt die 18-Jährige. „Ich wusste schon seit der fünften Klasse in der Schule, dass ich da arbeiten wollte.“
Ihr Vater, ein Lokführer, weckte ihr Interesse für Technik. „Außerdem wollte ich die Welt sehen, zur See fahren.“ Ihren Eltern zuliebe heuerte sie in der weniger rauen Personenschifffahrt am Bodensee an.
Seit einem halben Jahr wird Müller als einzige Frau bei den Bodensee-Schiffsbetrieben (BSB) zur Binnenschifferin ausgebildet. Als „Deckmann“ arbeitet die gebürtige Leipzigerin in diesen Tagen auf dem 52 Meter langen Passagierschiff „Königin Katharina“. Sie hilft beim Fest- und Losmachen des Schiffes und beim Auslegen und Einziehen der Gangway.
Müller kontrolliert die Fahrscheine, gibt einem Touristen Fahrplanauskunft auf Englisch und posiert bei strahlender Sonne in der blauen BSB-Uniform mit weißer Bordmütze für ein Foto. „Man lernt viele neue Menschen kennen“, erzählt die zurückhaltende Frau.
Die Männerdominanz in ihrem Beruf stört sie nicht. Zu ihrer Überraschung ist sie sehr freundlich aufgenommen worden. „Ich dachte, dass es hier strenger ist“, erzählt sie. „Zuerst wurde ich als Frau mit Samthandschuhen angefasst, aber das will ich nicht.“
Warum sie nicht mehr Kolleginnen hat, kann sich Müller nicht so recht erklären: „Es ist ein wunderbarer Beruf, egal ob für Mann oder Frau. Man darf sich nur keine Gedanken machen, ob man mal Ölflecken im Gesicht hat oder dreckige Klamotten.“
Zum Dienst gehört die technische Vorbereitung und das Abrüsten des Schiffes, die Kontrolle der Maschinen und der Sicherheitsausrüstung. Daneben werden die 13 Azubis des Unternehmens im Hafendienst und in der Friedrichshafener BSB-Werft eingesetzt, im Winter stehen drei Monate Blockunterricht auf einem Schulschiff an.
Nach der Ausbildung bei der BSB, die jährlich mit zwölf Ausflugsschiffen und zwei Fähren rund 2,2 Millionen Passagiere befördert, will Müller vielleicht ihren Traum vom großen weiten Meer verwirklichen: „Dann studiere ich Technik oder Nautik.“ Ohne Studium könnte sie nach zwei Jahren als Matrosin zum Steuermann aufsteigen, danach zur Schiffsführerin.