Die späte Liebe zum Eiffelturm
Viele Intellektuelle empfanden das berühmte Monument zunächst als Schandfleck.
Paris. Der Eiffelturm gehört zu Paris wie die Akropolis zu Athen und das Kolosseum zu Rom. Mehr als sechs Millionen Touristen aus aller Welt pilgern jährlich auf die „dame de fer“ (Dame aus Eisen) hinauf, wie die Franzosen den Turm nennen (im Französischen ist er weiblich „la tour Eiffel“). Am Montag feiert die längst zum Wahrzeichen der Stadt gewordene eiserne Lady ihren 125. Geburtstag.
Was Paris wohl ohne den Eiffelturm wäre? Der Schriftsteller Guy de Maupassant konnte sich das nur allzu gut vorstellen. In seinem Reisejournal („La vie errante“) schrieb er 1890: „Ich habe Paris und sogar Frankreich verlassen, weil der Eiffelturm mich schließlich zu sehr ärgerte. Nicht genug, dass man ihn von überall sieht, nein, er ist überall und in jedem erdenklichen Material erhältlich, in jedem Schaufenster ausgestellt, ein unentrinnbares, quälendes Albdrücken.“ Was Maupassant und andere Künstler und Intellektuelle wohl zum Jubiläum sagen würden? Für sie war die sensationelle Konstruktion, die anlässlich der Weltausstellung von 1889 erbaut wurde, nur ein Schandfleck. In einem offenen Brief protestierten etwa 300 Intellektuelle damals gegen den „nutzlosen und monströsen“ Turm von Gustave Eiffel (1832-1923).
Ohne den Durchbruch der Telekommunikation wäre der Eiffelturm womöglich abgerissen worden — so wie es nach Ablauf der 20-jährigen Konzession an die Stadt Paris geplant war.
Mit der drahtlosen Telegrafie entdeckte man den militärischen Nutzen des Eisenturms. Zwischen 1898 und 1903 wurden zwischen dem Eiffelturm und einigen Militäranlagen in Paris mehrere Funkverbindungen geschaffen und 1906 ein Radiosender eingerichtet. Mit der gestiegenen strategischen Bedeutung war der Fortbestand des Eiffelturms gesichert.
Seitdem haben das Meisterwerk der Ingenieurskunst Millionen Menschen aus aller Welt besichtigt. Denn der Turm ist eine architektonische Meisterleistung, die in nur zwei Jahren errichtet wurde. In regelmäßigen Abständen wird er mit rund 60 Tonnen Farbe einem Lifting unterzogen. Seit dem Jahr 2000 verwandeln ihn abends zu jeder vollen Stunde 20 000 Leuchten in einen glitzernden Riesen.
Der Eiffelturm könnte viele Geschichten erzählen. Im Zweiten Weltkrieg stand das Monument auf der Liste der Bauwerke, die Adolf Hitler im besetzten Paris zerstören lassen wollte. Einen Adrenalinschock löste der Seiltänzer Philippe Petit aus, als er 1989 vom gegenüberliegenden Flussufer über die Seine auf den Eiffelturm balancierte.
Fest steht: Ohne den Turm wäre Paris um eine der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten der Welt ärmer. Seine 125-jährige Geschichte ist geradezu atemberaubend, wie der Blick von der dritten Etage des Turms in etwa 275 Metern Höhe.