Düsseldorf: Der Hirte aus der Verwaltung
Siegfried Pietzka leitet das Bezirksrathaus am Neusser Tor und predigt von der Kanzel Gottes Wort.
Gerresheim. Am Mittwoch wird sich der Verwaltungsstellenleiter Siegfried Pietzka aus dem Stadtbezirk 7, zuständig u.a. für Gerresheim und Grafenberg, seinen schwarzen Talar anziehen und in der barocken Kirche von Ratingen-Linnep von der Kanzel reden.
Seine Predigt will er den Hirten widmen, die er als Vorbild bewundert: "Die Hirten, dieses einfache Volk, wurden von den Engeln zur Geburtsstätte Christi geschickt. Sie ließen alles stehen und liegen und liefen hin. Anschließend trugen sie ihre Erlebnisse in die Welt."
Der Erzähler der Weihnachtsgeschichte im Lukas-Evangelium wie der Prediger Pietzka aus dem Bezirksrathaus stellen sich auf die Seite der Unbehausten, die in jener Nacht wach waren und auf dem freien Feld bei ihrer Herde lagerten.
Erst viel später kamen die Aufgeklärten, die Weisen oder die Magier, die Vertreter einer verfeinerten Kultur, aus ihren Palästen, um das Kind, den Messias, zu suchen.
Pietzka ist Prädikant, früher sagte man dazu Predigthelfer. Er hat sich drei Jahre lang nebenberuflich in Lehrgängen, an Wochenenden, im Urlaub auf sein Ehrenamt vorbereitet. Als "Bibelliebhaber", wie er sich nennt, habe er alle Rechte und Pflichten eines Pfarrers, aber er tue es für ein "Vergelt’s Gott".
Wie die Hirten reicht er seinen Glauben an andere weiter: "Ich bin überzeugt, dass die Bibel Gottes Wort ist. Die Bibel legt sich selbst aus. Ich stehe da etwas einsam gegen die vielen bibelkritischen Leute."
Er hat eine Berufserfahrung als Verwaltungsmann wie kaum ein anderer Amtskollege. 2010 feiert er das 50. Dienstjubiläum. Er kam nach der Volksschule mit 15 Jahren in die Stadtverwaltung, diente sich nach der Lehre als "Stadtassistent-Anwärter" hoch, arbeitete im Einwohnermeldeamt, Planungsamt, Schulamt und Straßenverkehrsamt. Inzwischen im höheren Dienst, leitet er seit 1981 die Bezirksverwaltungsstelle am Neusser Tor.
Er ist kontaktfreudig: "Ich habe alle gern, die einen etwas mehr, die anderen etwas weniger." Er liebt Gerresheim, weil er dort nicht nur "verwaltet", sondern rund hundert Vereine berät und seit 24 Jahren eine Chronik des Stadtbezirks herausbringt. Ehrenamtlich, versteht sich.
Am Verwaltungstisch wie auf der Kanzel gilt für ihn die Devise: "Ich will die Bürger abholen." Im Gottesdienst beginne er mit aktuellen Geschichten oder Erlebnissen. "Ich höre ja pausenlos in meinem Beruf hin."
Was er verkündet, geht jedoch weit über den Alltag hinaus. Er sagt: "Die Bibel fasziniert mich. Ihre Geschichten sind mein Wegweiser für die Zukunft, bis in die Ewigkeit hinein. Ich organisiere mein Leben nicht nur bis zum Sarg, sondern darüber hinaus. Daraus beziehe ich meine Fröhlichkeit."
Er weiß, wie schwer es ist, von Christi Geburt zu künden. "Wir schweigen ja lieber, nach dem Motto, der Glaube sei Privatsache." Pietzka redet, oder genauer, er predigt: "Die Zukunft in Gott ist etwas Großartiges. Deshalb kann ich in diesem Leben fröhlich auf manches verzichten. Ich muss nicht ständig etwas erleben wollen. Ich freue mich, wenn ich mal einen Tag frei habe."
Was ihm Weihnachten bedeute? "Da kommt Gott auf die Erde, in Jesu Christi. Und damit beginnt sein Weg zum Kreuz. Aber es geht nicht nur um das Ende. Durch die Auferstehung ist uns die Zukunft gewiss."