Düsseldorf: Irdische Justiz gewährt kleinem Bronze-Engel rechtlichen Schutz
Das Oberlandesgericht stuft am Dienstag die Bronzefigur von Mönchen des Klosters Maria Laach als Kunstwerk ein.
Düsseldorf. Ein wenige Zentimeter großer Bronze-Engel genießt seit Dienstag den Schutz der irdischen Justiz. Das Düsseldorfer Oberlandesgericht stufte den von Benediktinermönchen des Klosters Maria Laach in Rheinland-Pfalz mehr als 600 000 Mal verkauften Himmelsboten als Kunstwerk ein. Die ähnliche Figur einer Kunstgießerei im niederheinischen Wallfahrtsort Kevelaer wertete das Gericht als Plagiat, als Nachahmung des Engels aus Maria Laach. Eine Revision ließen die Richter nicht zu (Az.: I-20 U 64/07). Als himmlische Boten sollen Engel Schutz spenden und den Frieden auf die Erde bringen. Ihr Abbild in Bronze aus Maria Laach ist sechseinhalb Zentimeter hoch, 100 Gramm schwer, zehn Euro teuer und als "Handschmeichler" in vielen Jackentaschen in Konkurrenz zum Rosenkranz getreten. Die kleinen Himmelswesen sind seit 1999 ein kirchlicher Kassenschlager. Doch 2005 tauchten wie aus heiterem Himmel fast zwillingsgleiche Geschwister der Sendboten auf - das Original aus der Eifel war nun seinerseits schutzbedürftig geworden. Die Suche nach den mutmaßlichen Produktpiraten führte die Mönche zu deren Überraschung nicht nach China, sondern ins katholische Kevelaer, von wo aus etwa 12 000 Plagiate auf den Markt schwebten. Um die Friedensspender entbrannte ein profaner Urheber- Rechtsstreit, der Kloster-Kunstverlag "Ars Liturgica" zog vor Gericht - und kassierte zunächst eine Niederlage. Das Düsseldorfer Landgericht stellte auf die Unterschiede der geistigen Wesen ab - deren Schutz an sich ohnehin niemand beanspruchen könne. Doch in der Berufung vor dem Oberlandesgericht wendete sich das Blatt. "Wir sind der Auffassung, dass dem Engel Schutz zukommt", hatte der Vorsitzende Richter und Urheberrechts-Experte Prof. Wilhelm Berneke bereits in der mündlichen Verhandlung angekündigt. Die Engel jeweils sorgsam in seinen Händen wiegend, erkannte der Jurist in der Figur aus Maria Laach eine "Gestalt von hoher Qualität", ein "durchaus bedeutsames gestalterisches Werk", das die Schwelle zur bildenden Kunst quasi schwebend "mühelos erreicht". Selbst bei Johannes Rau stand einer der Engel auf dem Schreibtisch Der Engel in Ordenstracht sei ungewöhnlich und wenn er sich von der niederrheinischen Variante unterscheide, dann in deren "handwerklich bescheidenerer Ausführung" und in "Missverständnissen der geschützten Form". Der "Formgedanke" des Original-Engels scheine aber auch bei seinem Plagiat "deutlich durch". Das Landgericht hatte es noch genau gegenteilig gesehen und Unterschiede zwischen den Engeln erkannt. Der fünf Millimeter kleinere Himmelsbote aus Kevelaer sei doch dicker und eher "eine rheinische Putte" im Vergleich zur asketischen Gestalt des "klägerischen Engels" aus Maria Laach, hatte auch der Anwalt der Niederrheiner vergeblich argumentiert. Doch für das Oberlandesgericht überwogen die Gemeinsamkeiten. Richter Berneke hatte auch auf den Siegeszug der kleinen Trostspender hingewiesen: Sogar auf dem Schreibtisch von Staatsoberhaupt Johannes Rau habe während dessen Amtszeit ein solcher Engel gestanden. Die unterlegene Kevelaerer Kunstgießerei ist jetzt zur Zahlung von Schadenersatz verpflichtet, dessen Höhe nun errechnet werden muss. Die Produktion ihrer Engel hat sie bereits eingestellt.