Amy singt und knutscht in Köln
Konzert: Das Gesamtkunstwerk Winehouse war im Palladium zu bewundern. Die Sängerin verhielt sich recht brav – für ihre Verhältnisse. Musikalisch ist sie gut beisammen und gibt eine routinierte Kostprobe ihres unfassbaren Talents.
<strong>Köln. Wenn es stimmt, dass Amy Winehouse um so mehr Haarteile in ihre Frisur einarbeitet, je unsicherer sie ist, dann spräche die geringe Höhe ihres bienenkorbartigen Gebildes auf dem Kopf an diesem Abend für eine solide Verfassung. Und das ist nach der Tatsache, dass die 24-jährige Sängerin überhaupt in Köln auf der Bühne steht, bereits die zweite große Überraschung. Im April war die Europa-Tour wegen ihrer labilen Konstitution abgesagt worden, seither dominiert die Londonerin mit Sauf- und Raufgeschichten die Schlagzeilen. Im August kostete sie eine Überdosis Drogen beinahe das Leben, in Berlin kam sie zwei Stunden zu spät zu ihrem Auftritt, in Norwegen wurde sie wegen Drogenbesitzes verhaftet und in Zürich vergangene Woche nach 40 Minuten Konzert ausgebuht. Kein Wunder also, dass viele im ausverkauften Palladium der Skandalträchtigkeit des Auftritts mehr entgegenfieberten als der Musik.
Dabei ist es im Falle Winehouse schwer, das eine vom anderen zu trennen. Immer wieder betont sie, dass gerade ihre Eskapaden ihrer Musik diese ungewöhnlich tiefe existenzielle Note verleihen - und wer möge die bezweifeln? Die Dame hat den Soul im Blut, und an diesem Abend offensichtlich nicht zuviel Promille. Im Minikleid stakst sie auf die Bühne.
Das Gesamtkunstwerk Amy Winehouse wirkt vergleichsweise wenig derangiert, nippt an keinem Getränk, lallt nicht, hat keine Aussetzer. Und um den boulevardesken Teil damit abzuhaken: Zugegeben, zuweilen benimmt sich die Dame merkwürdig, blickt gelangweilt zu Boden oder in die Luft, grinst unmotiviert vor sich hin und verlässt spontan die Bühne, um dahinter mit Ehemann Blake Fielder-Civil zu knutschen.
Amy Winehouse wurde 1983 in London geboren. Mit zwölf Jahren besuchte sie eine Schule für Nachwuchskünstler, die sie ein Jahr später verließ, um mit 16 Jahren Geschichte zu studieren. Später besuchte sie die Brit School for the Performing Arts. Mit 18 unterschrieb sie ihren ersten Platten-Vertrag. Für ihr Album "Frank" (2003) erhielt sie eine Nominierung für die Brit Awards und den Mercury Music Prize, für "Back to black" den Titel "Beste britische Sängerin".