Ehrlicher Finder geht leer aus
Warum ein Hartz IV-Empfänger von gefundenen 16000 Euro nichts hat.
Erfurt. Für wenige Minuten war Thomas Liedtke aus Erfurt ein reicher Mann. Doch dann machte ihm sein Gewissen einen Strich durch die Rechnung.
Der Bauingenieur ist seit zwölf Jahren arbeitslos und HartzIV-Empfänger. Der 56-Jährige kümmert sich zu Hause um seinen schwerbehinderten Sohn Andy (24). Seit einem Autounfall vor 18Jahren muss er gepflegt werden. Damals war Thomas Liedtke mit seiner Frau und seinem Sohn auf einer Landstraße unterwegs, geriet ins Schleudern und krachte in ein entgegenkommendes Auto.
Auskommen muss Liedtke mit 630Euro im Monat. Da schien es ein Wink des Schicksal zu sein, dass gerade dieser Mann ein Geldbündel mit 16000Euro und Goldschmuck in einem Straßengraben fand. Doch anstatt das Geld in die eigene Tasche zu stecken, gab er Scheine und Schmuck bei der Polizei ab.
Als Finderlohn hat er 480Euro bekommen, die ihm gesetzlich zustehen. Doch davon hat er letztendlich nichts. "Fünf Monate lang werden ihm 96Euro von seinem HarzIV-Satz abgezogen", sagte Dirk Kase, Pressesprecher der Arbeitsagentur Erfurt, gegenüber unserer Zeitung.
Sollte sich der Besitzer der 16000Euro nach sechs Monaten nicht gemeldet haben, wird das Geld in den Besitz von Thomas Liedtke übergehen. Dann ist er zwar um einiges reicher, bekommt aber keine staatliche Unterstützung mehr. "Die Leistungen werden dann geschlossen, da er keine Hilfe mehr benötigt", erklärt Kase.
"Das gefundene Geld hätte uns wirklich geholfen", sagt Thomas Liedtke. Denn der 56-Jährige hat nicht nur einen Sohn, der auf seine Hilfe angewiesen ist, sondern auch zwei Töchter. "Die eine braucht ein Bett, die andere hat kein Geld. Und wir brauchen Heizöl für den Winter."
Der Erfurter hat lange in einer Firma gearbeitet bis diese Pleite ging. Seitdem ist er auf Jobsuche. "Ich habe Weiterbildungen und Umschulungen gemacht, einen Ein-Euro-Job angenommen und weit über 100Bewerbungen geschrieben." Ohne Erfolg. Doch er gibt nicht auf. Jetzt verteilt Liedtke in Gewerbegebieten Flyer mit seinem Lebenslauf. "Ich kann ja nur in Erfurt arbeiten, um für meinen Andy da zu sein."