Ein Frachtschiff in Blau-weiß: "Manchmal fliegen sogar Steine"
Ein Ehepaar hat aus Liebe zu 1899 Hoffenheim sein Frachtschiff blau-weiß angemalt. Auf Rhein und Neckar werden sie dafür übel beschimpft.
Sinsheim. Anfeindungen gibt es täglich. Wenn die Leute vom Ufer wieder „scheiß Hoffe“ herüber schreien oder sogar Flaschen und Steine werfen. „Da frag ich mich manchmal, warum gibst du dir das.“ Binnenschiffer Martin Odenwald denkt dennoch nicht daran, sein in den Farben des Bundesligavereins 1899 Hoffenheim gehaltenes Frachtschiff umzustreichen. Auch Ehefrau Monika steht zum blau-weißen Anstrich: „Man kann sein Fähnchen ja nicht immer nach dem Wind richten.“
So viel Fantreue gibt es bei Hoffenheim nicht alle Tage. Sie steckt in jeder Ecke des Kiesladers, angefangen mit dem „TSG 1899 Hoffenheim“-Schriftzug unter dem Führerhaus. Jeder Buchstabe ist einen Meter hoch und wird mindestens einmal die Woche geschrubbt. Genauso wie das riesige Vereinswappen dazwischen.
Der Bug ist blau-weiß. Sogar den Gartenzwergen auf dem Deck hat Monika Odenwald die Vereinsfarben des Clubs verpasst. Am Schlüssel zur Wohnung im Schiffsinneren baumelt das Vereinswappen. Auch 1899 Hoffenheim-Sprecher Holger Tromp ist das Frachtschiff auf dem Neckar schon aufgefallen. Er spricht von einem „außergewöhnlichen Bekenntnis zum Verein“, findet die Idee „klasse, einfach nur kreativ und gut“.
Besonders heftig sind die Reaktionen rheinaufwärts in der Waldhof Mannheim-Zone und im Gebiet des Karlsruher SC. Bei jeder Brücke rechnen die Odenwalds damit, dass etwas herunterfliegt. „In Hochstetten waren letztens KSC-Fans am Ufer, die sind völlig ausgeflippt. Die haben alles geschmissen, was sie gefunden haben“, erzählt Martin Odenwald.
Ins Zweifeln gerät er nur, wenn er trotz Verdienstausfall von mindestens einem Tag in der Fankurve steht und auf lustlose Spieler herabblickt. „Wenn man sieht, dass sie nicht rennen, das ist das Schlimmste, was es gibt.“ Enttäuscht ist er, wenn die Stars nach dem Spiel abhauen — während das Ehepaar drei Stunden auf ein Autogramm wartet. Und wenn der Verein jedes Jahr 80 Euro Mitgliedsgebühr abbucht — und nicht mal ein Stadionheft umsonst rausgibt.
Für die neue Saison wünschen sie sich von den Spielern vor allem Engagement. „Sie sollen sich den Allerwertesten aufreißen!“ Von den Menschen in der Region erhofft sich das Paar mehr Verständnis. Sie sollen ihr Schiff endlich so verstehen, wie es gemeint ist: als Aufruf, zu ihrem Verein zu stehen. Und dann gibt es noch den großen Traum: dass ihnen eines Tages Dietmar Hopp auf dem Schiff die Ehre gibt.