Ein Mann mit Familiengeschichte
Sein Vater ist Dirigent mit Weltruf, sein Großvater starb unter dem Terror der Nazis. Schauspieler Justus von Dohnányi hat sich mit seinen Vorfahren beschäftigt.
Köln. Zwei Frauen kämpfen um ein Kind. Hat es die eine der anderen gestohlen, als das eigene tödlich verunglückt war? Das Thema kommt einem irgendwie bekannt vor. Zum Beispiel aus der Bibel, wo dann der weise Salomon zum weisen Urteil ausholt.
Ein Frauenfilm also, den das ZDF unter dem Titel "Das Geheimnis der falschen Mutter" am Montag sendet, mag man denken. Doch Justus von Dohnányi findet seine eher passive Rolle als ahnungsloser (Nicht-)Vater und Ehemann der Kindsräuberin gar nicht so undankbar: "Mich reizte das Drama, in das man sich dort einfühlen musste."
Weniger reizvoll sind allerdings die Erinnerungen an die Dreharbeiten im Ostseebad Heiligenhafen: "Das war im Sommer 2006. Es regnete, es stürmte, und nur die Szene, wo wir einen Drachen steigen lassen, gelang ohne Mühe." Dohnányi lacht.
Das tut er gern und viel. Aber die blonde, blanke Fassade kann täuschen. Dahinter kocht es gewaltig. Ein erstes Mal zeigte er das beim Film "Das Experiment" 2001. Er hatte nur eine Nebenrolle, aber sie brachte dem Schauspieler prompt den Deutschen Filmpreis ein. Zugleich wurde es, nach langen Jahren am Theater, Dohnányis Durchbruch.
Heute hat der 47-Jährige seinen festen Platz in der Film- und Fernsehlandschaft. Und jene Zeiten sind vergessen, da er eigentlich für die Schauspielerei viel zu schüchtern war und lieber Fotograf geworden wäre. Der große Name "Dohnányi" (ungarisch ausgesprochen: Doch-na-nji) belastete ihn.
Sein Vater Christoph, ein Dirigent von Weltruf. Sein Onkel Klaus, der beliebte Hamburger Alt-Bürgermeister. Das verpflichtet. Justus von Dohnányi stürzte sich mit Fleiß und Disziplin in seinen Beruf. Das Etikett des "Goldsöhnchens aus bestem Haus" wurde er trotzdem nie ganz los, aber es regt ihn nicht mehr auf.
Und mehr als alle Prominenz des Vaters beschäftigt ihn das Leiden unter dem NS-Terror der Generation zuvor. Sowohl Großvater Hans von Dohnanyi, als auch Großonkel Dietrich Bonhoeffer waren kurz vor Ende des Krieges als "Hochverräter" hingerichtet worden. Bonhoeffers Statue steht heute in London als einer der "Märtyrer des 20.Jahrhunderts".
Im Film ist er schon einige Male in diese Zeit zurückgekehrt: im "Untergang" und in "Napola". Im Bonhoeffer-Film "Die letzte Stufe" spielte er sogar dessen engsten Freund Eberhard Bethge. Das weckte in ihm dann doch kleine Schauder: "Sich mal vorzustellen, dass das alles gar nicht so furchtbar lange her ist. Haben sich die Menschen seitdem wirklich so sehr gewandelt?"
Er kehrt zu seinem Lachen zurück. Spricht lieber von den schönen Jahren am Hamburger Thalia Theater, wo er zu Jürgen Flimms junger Mannschaft gehörte, wie Jan-Josef Liefers oder Stefan Kurt. Solche Freundschaften halten ein Leben lang. Das merkte er, als er seinen ersten eigenen Film inszenierte und die Kollegen von damals zum Mitspielen bereit waren. Zum Null-Tarif.
Der Film ist fertig, heißt "Bis zum Ellenbogen", ist für den Deutschen Filmpreis nominiert und spielt gutes Geld ein. Dohnányi freut sich: "Jetzt kann ich den Kollegen sogar etwas Gage nachzahlen." Und er brütet schon über dem nächsten Skript.