Ein wenig Punk zum Ende der Couture

Paris (dpa) - Auch wenn es immer weniger Modehäuser gibt, die sich in der Kunst der Haute Couture üben: Gaultier und Valentino erwiesen sich am Ende der Pariser Schauen als „sichere Häfen“.

Die Hohe Schneiderkunst dünnt aus. Auch wenn die am Mittwoch in Paris zu Ende gegangenen Pariser Schauen der Haute Couture für Frühjahr/Sommer 2011 ein respektables Drei-Tage-Programm vorweisen konnten. Auch wenn am Donnerstag noch Schmuckpräsentationen an die Defilees gehängt wurden. Immer weniger Designerhäuser versuchen sich an der „Kür“ der Kleidermacherei. Sie bleiben lieber beim „Pflichtprogramm“: der Luxuskonfektion, dem Prêt-à-Porter.

In der vergangenen Saison gab es neben elf offiziellen Couture-Häusern, die von der Pariser Kammer geführt wurden, und vier „korrespondierenden“, nicht aus Frankreich stammenden Mitgliedern noch zwölf Modemarken, die eingeladen wurden, ihre vorwiegend in Handarbeit gefertigten Kreationen vorzustellen. Diesmal waren es nur noch sieben. Und der Trend geht nach unten.

Da ist es ein Glück, dass berühmte Marken wie Chanel, Dior und Gaultier neben dem profitableren Prêt-à-Porter an der aufwendigen Couture festhalten. Jean Paul Gaultier lieferte am Mittwoch kurz vor Schluss des Spektakels noch ein echtes Highlight. Er zeigte Punk der Nobelklasse. Die Models trugen ihre Haare zu Irokesenbürsten hochfrisiert, Netzstrümpfe, stachelige Halsbänder oder Taschen, die den martialischen Morgensternen von Rittern nachgebildet waren.

Sei es der aus glänzender schwarzer Seide gefertigte Trenchcoat mit scharfer Taillierung und weit schwingendem Schoß. Sei es das sexy Kostüm mit transparenten Tüll-Einsätzen und hoch geschlitztem Bleistiftrock. Sei es der Anzug in schillernden Regenbogenfarben - Gaultier beherrscht die Kunst des Schneiderns, Drapierens und Kombinierens perfekt. Schier atemberaubend wirkte ein cremefarbenes Abendkleid mit einer bis über die Hüften reichenden Corsage und mehrlagig raschelndem Rock. Der Entwurf spielte den Kontrast von schmal und weit perfekt aus.

Den beiden Valentino-Designern Maria Grazia Chiuri und Pier Paolo Piccioli ist es in den vergangenen Jahren gelungen, aus der Traditionsmarke ein Lieblingslabel junger Frauen zu machen. Ihr großes Thema ist die Leichtigkeit von Entwürfen - auch in ihrer Couture-Kollektion für dieses Frühjahr schien bei ihnen alles ins Schweben zu geraten.

Schmale Tageskleider mit kleinem Armloch und sich öffnenden Röcken, zarte Cocktailroben mit Transparenz-Einsätzen und sanft gerüschte Abendkleider umschmeichelten den Körper und offenbarten statt Drama leise Poesie. Unaufdringlich wirkte auch die Farbpalette mit Weiß, Creme, Rosé, goldigem Beige oder Pistazientönen. Und natürlich etwas kräftiges Rot - die Signalfarbe des Hauses Valentino.

Dass es auch ohne großen Namen und schlicht mit ausgefeiltem Handwerk klappen kann, beweist seit vielen Jahren die Couture-Schneiderin Adeline André. Wie meist wurden ihre schon am Dienstag gezeigten Entwürfe zum Teil von reifen, sehr schönen Frauen statt von Profimodels vorgeführt. Und es liefen auch ein paar Herren über den Laufsteg.

Die waren ebenfalls von der Couturière eingekleidet worden und hatten die Aufgabe, sich ihrer fein gewickelten Überjacken zu entledigen und diese den Damen als raffinierte Manteljacke umzulegen. Zusammen mit einem langen, rot schimmernden und halbseitig beinfreien Seidenkleid oder einem fein plissierten Gewand in Vanille ergab sich ein eleganter Look. Couture, das zeigte André, ist auch heute noch vielseitig einsetzbar.