Ein Wiedersehen nach 47 Jahren

Nordkoreas Regime trennte eine Deutsche und ihren Mann.

Jena. Als Renate Hong am 25. Juli ihren Mann in die Arme nimmt, schießen ihr die Tränen in die Augen. Die Nordkoreaner, die die Szene am Flughafen in Pjöngjang staunend beobachten, können nicht ahnen, dass sie Zeugen eines kleinen Wunders werden: 47 Jahre lang haben sich Renate Hong und Hong Ok Geun nicht gesehen. 1961 hatte die Weltpolitik ihr junges Glück auseinander gerissen, Renate Hong verliebte sich nie wieder neu.

Die 71-Jährige aus Jena ist nicht allein gekommen. Begleitet wurde sie von ihren Söhnen Peter und Uwe. Den älteren kennt Ok Geun nur als Säugling, den jüngeren sieht er zum ersten Mal. Das Internationale Rote Kreuz hatte das Wiedersehen ermöglicht. Es ist das erste Mal, dass das Regime in Pjöngjang eine Familienzusammenführung mit einem Nicht-Koreaner erlaubte. Dass Ok Geun später nochmal heiratete und in Korea ein neues Leben begann, hatte Renate vor ihrer Abreise erfahren. Doch sie wollte ihre Söhne dem Mann vorstellen, mit dem sie die glücklichste Zeit ihres Lebens verbracht hat.

Diese Zeit begann im Jahr 1955. Renate, damals 18 Jahre alt, hatte sich gerade an der Uni Jena für Chemie und Biologie eingeschrieben. Zur gleichen Zeit beginnen auch 100 Studenten aus "sozialistischen Bruderstaaten" dort ihr Studium. Einer unter ihnen ist der 21-jährige Nordkoreaner Hong Ok Geun, den Renate bei einem Ball an der Uni kennenlernt. Sie sagt: "Es war Liebe auf den ersten Blick."

Die beiden werden ein Paar, schließen Anfang 1960 ihr Studium ab und heiraten, obwohl sie wissen, dass Ok Geun nicht wird bleiben können. Nordkorea erwartet von seinen Auslandsstudenten, dass sie mit ihren Qualifikationen beim Wiederaufbau des Landes helfen. "Ich wollte mit ihm gehen", sagt Renate Hong.

Im Juni 1960 kommt das erste Kind, Ok Geun darf in der DDR Berufspraxis sammeln, alles sieht gut aus - bis zum April 1961. Da gibt die nordkoreanische Botschaft bekannt, dass alle Studenten binnen drei Tage in ihr Heimatland zurückreisen müssen. Schwanger und mit Sohn Peter auf dem Arm nimmt Renate Hong am Jenaer Bahnhof von ihrem Mann Abschied.

Nachreisen durfte sie ihrem Mann nie. 50 Briefe erhielt sie von Ok Geun in zwei Jahren, dann brach der Kontakt ab. Das Regime in Pjöngjang fing die Briefe ab. Erst im Jahr 2006 wendete sich Renate Hong an den Suchdienst des Roten Kreuzes, auch das Auswärtige Amt half ihr. Gestern kehrte sie nach zehn Tagen aus Nordkorea zurück. "Wir haben uns jeden Tag gesehen."