Er ist immer schon am „Tatort“

Mehmet Kurtulus hat morgen Premiere als erster ARD-Kommissar mit türkischen Wurzeln.

Hamburg. Kein Geplänkel an der Kaffeemaschine, kein betretenes Schweigen in der Pathologie, man kann sich nicht einmal darauf verlassen, dass am Anfang eine Leiche gefunden wird - der neue "Tatort" aus Hamburg kommt grundsätzlich anders daher als die bisherigen Varianten des ARD-Dauerbrenners.

"Seien wir mal ehrlich: Da steht ,Tatort’ drauf, ist aber kein ,Tatort’ drin", sagt der Schauspieler Mehmet Kurtulus, der auf dem NDR-Sendeplatz als Nachfolger von Robert Atzorn antritt. Der 36-Jährige ist morgen erstmals als verdeckter Ermittler Cenk Batu auf dem Bildschirm zu sehen. Dieser geht als Kommissar nicht im Polizeipräsidium ein und aus, sondern schleicht sich mit wechselnden Identitäten in kriminelle Kreise ein.

"Wir fahren nicht erst zum Tatort, sondern sind immer schon da", erklärt Kurtulus. Er hat die Figur von Anfang an mitentwickelt und sich für seine Rolle ausführlich informiert. "Die Detailarbeit der Ermittler hat mich sehr beeindruckt", sagt er im "Spiegel".

Er hat nicht nur beim Drogendezernat in Istanbul hospitiert, sondern auch ein "einwöchiges Polizeiprogramm mit Mitarbeitern des Geheimdienstes, Medizinern, Top-Ermittlern und Sonderkommandos" durchlaufen.

Das sollte sich auszahlen, denn der neue Ermittler ist in fast jeder Szene zu sehen: "Das Konzept ist so angelegt, dass der Zuschauer nur das mitkriegt, was auch Batu mitkriegt." Für Kurtulus heißt das bei den Dreharbeiten: "Viel Arbeit, viel Konzentration, wenig Schlaf - ein physischer und psychischer Marathon. Aber ich liebe das."

Der Schauspieler, der privat selten den Fernseher einschaltet, hält es für nebensächlich, dass sein Polizist türkische Wurzeln hat. Er zitiert dazu den NDR, "schon meine bloße Präsenz sei ein Beitrag zur Integration". Deshalb hat er sich über den Wirbel vor der TV-Premiere gewundert.

"Doch im Laufe der Zeit habe ich mitbekommen, was für eine Kraft der ,Tatort’ hat." Sogar in der Schweiz hätten Fans ihn auf die Rolle angesprochen.

Dennoch entkommt Batu dem Klischee nicht, gleich sein erster Einsatz führt ihn ins türkische Milieu. Als Kleinkrimineller legt er sich ins Krankenhaus, um den Kontakt zu einem verbrecherischen Clan herzustellen.

Der einzige Kollege, zu dem er regelmäßig Kontakt hat, ist sein Chef Uwe Kohnau (Peter Jordan). Der verzweifelt gelegentlich an den eigenmächtigen Aktionen des Ermittlers, organisiert ihm aber auch mal nachträglich einen Durchsuchungsbefehl. Schnelle Schnitte, ein attraktiver Ermittler, coole Sprüche, die nach James Bond klingen sollen, sorgen für ungewohntes, aber noch nicht ganz überzeugendes "Tatort"-Flair.

Sein Privatleben mit der Schauspielkollegin Désirée Nosbusch handhabt er höchst diskret. "Wir wollen Zweisamkeit leben, uns aber nicht gegenseitig vermarkten", sagt er im "Spiegel".

Und er nennt ein abschreckendes Beispiel aus der Hochprominenz: "Brad Pitt ist ein toller Schauspieler, er hat gute Filme gemacht. Nun kann man in jeder Zeitung jeden Tag etwas über ihn lesen. Aber wissen Sie noch, welche Rollen er gespielt hat?" ARD, So. 20.15 Uhr: "Tatort - Auf der Sonnenseite"