Er kennt das Kauf-Geheimnis
Der Däne Martin Lindstrom gilt weltweit als Marketing-Guru. Er weiß aber: Nicht alles funktioniert rational.
Düsseldorf. Ein bisschen Werbung schadet nie. Um sein "Mini-Legoland" im Garten der Eltern zu promoten, schaltete Martin Lindstrom einst die lokale Presse ein - und in den Tagen danach freute sich der Zwölfjährige über mehr als 100 Besucher. Allerdings besuchten ihn auch zwei Anwälte der Firma Lego, die ihm in netten Worten erklärten, dass er nicht so einfach den Namen Legoland nutzen dürfe.
Für den Dänen Lindstrom war diese Episode, die er bis heute gern bei Vorträgen erzählt, wohl eine Art Initialzündung: Einige Monate später gründete er seine erste "Werbeagentur", um, so heißt es, seine Mutter beim Verkauf ihrer Kosmetika zu unterstützen. Mittlerweile ist der 38-jährige Lego-Fan ein Marketing-Guru, der Weltkonzerne wie Microsoft, Daimler und natürlich den dänischen Spielzeughersteller berät. Sein Buch "Buyology", ein Bestseller in den USA, präsentierte er jetzt als Gast der Düsseldorfer Akademie für Marketing-Kommunikation.
Lindstrom sagt von sich, er sei marketingbesessen - im positiven Sinn. "Warum wir kaufen, was wir kaufen" heißt die zentrale Frage in "Buyology". Um unserem Kaufverhalten auf die Spur zu kommen, ließ er die Gehirnströme von 2000 Probanden messen und kam zu teilweise überraschenden Ergebnissen.
"Wir entscheiden vieles irrational", sagt der 38-Jährige - ein Grundproblem für die Fragebögen der Marktforscher. Denn bei den Antworten sagen die Befragten oft unbewusst die Unwahrheit - weil sie vorher gar nicht absehen können, was sie kaufen werden. Gehirnscans zeigten etwa, dass bei bestimmten Gegenständen, sei es ein tolles Handy oder die schöne Handtasche, wahre Glücksgefühle in den Köpfen der Probanden ausgelöst werden. Und das entscheidet innerhalb von Sekunden über den Kauf. Was bringen da noch Befragungen und Werbung?
Überhaupt räumt Lindstrom mit angeblichen Weisheiten auf. Sex sells? Kalter Kaffee! Zwar ziehen nackte Tatsachen in der Werbung gerade Männer an, allerdings leidet darunter die Wirkung des Produkts, es wird einfach nicht wahrgenommen. Und die Macht der Logos überschätzen laut Lindstrom viele Unternehmen. Tests zeigten zum Beispiel, dass ein Bild eines Cowboys in der Prärie Raucher eher zum Griff zur Zigarette animiert, als das gleiche Bild mit Werbelogo eines Tabakkonzerns.
Geräusche und Gerüche lockten viel mehr - und Rituale. Ein mexikanisches Bier etwa wird grundsätzlich mit einer Zitrone im Flaschenschlitz beworben, weil es angeblich aus Tradition so serviert wird. Biertrinker in aller Welt halten sich daran. Die simple Wahrheit: Ein Barkeeper in den USA führte die Zitrone ein, um zu testen, "wie schnell sich eine Mode durchsetzt", so Lindstrom.
Vieles, was er in seinen Büchern und Vorträgen verbreitet, ist zugegebenermaßen nicht ganz neu. Aber er verkauft sich und seine Erkenntnisse einfach gut und würzt sie zusätzlich mit Anekdoten aus seinem Globetrotter-Leben - 300 Tage im Jahr soll er unterwegs sein.
"Unsere Ergebnisse nützen Firmen wie Verbrauchern", ist Lindstrom überzeugt. Im Prinzip wissen wir also, warum wir kaufen, was wir kaufen. Gleichwohl können wir aufatmen, wenn wir beim nächsten Einkauf wieder zu etwas greifen, was nicht auf dem Einkaufszettel steht und außerdem ziemlich teuer ist. Denn auch der Experte handelt nicht immer rational: "Auch ich treffe spontane Kauf-Entscheidungen."