Erdbeben in Neuseeland: Vermutlich mehr als 200 Tote
Wellington (dpa) - Christchurch stellt sich nach dem Erdbeben auf monatelange Wiederaufbauarbeiten ein. Ein Viertel der Häuser im Geschäftsviertel müssen abgerissen werden. Am Montag wird das erste Erdbebenopfer beerdigt.
Bei dem Erdbeben in Neuseeland sind wahrscheinlich mehr als 200 Menschen ums Leben gekommen. Diese Zahl präzisierte die Polizei in Christchurch am Sonntag. 147 Leichen waren geborgen und 200 Namen auf der Vermisstenliste - doch waren noch nicht alle Toten identifiziert, und der Polizeichef von Christchurch, Dave Cliff, geht davon aus, dass viele der Vermissten unter den Toten sind. Die Identifizierung sei schwierig, weil viele Opfer von herabfallenden Beton- und Trümmerbrocken bis zur Unkenntlichkeit entstellt seien.
„Wir wissen, dass viele, wenn nicht sogar alle der Toten auf der Vermisstenliste stehen“, sagte Cliff. „Aber das heißt, es gibt noch mehr als 50 (zusätzliche Namen).“ Zudem hat die Polizei noch nicht alle eingestürzten Häuser systematisch abgesucht. Sie kann nicht ausschließen, dass dort noch Menschen unter Trümmern liegen. Die meisten Opfer werden an den beiden zerstörten Bürogebäuden, dem Canterbury Television- und dem Pyne Gould-Gebäude, sowie unter dem eingestürzten Turm der Kathedrale vermutet. Ein Viertel der Häuser im Geschäftsviertel muss nach Regierungsangaben wegen Baufälligkeit abgerissen werden.
Regierungschef John Key startete einen internationalen Spendenaufruf. „Dies ist nicht nur eine neuseeländische Tragödie. Das Erdbeben hat zahllose Menschen in aller Welt getroffen“, sagte Key. Unter den Toten sind Menschen aus mehr als 20 Ländern, darunter viele Japaner, Chinesen und andere Sprachstudenten, die zum Englisch lernen in Christchurch waren. Die Regierung will nach Angaben von Key neun Milliarden neuseeländische Dollar (fünf Milliarden Euro) für den Wiederaufbau zur Verfügung stellen. Für fünf Milliarden Dollar Schäden dürften Versicherungen aufkommen, meinte er.
Unterdessen gingen die Aufräumarbeiten voran. Tausende Freiwillige waren in der Stadt mit einst 390 000 Einwohnern am Sonntag dabei, den Matsch zusammenzukehren, der bei dem Erdbeben am vergangenen Dienstag aus den Spalten getreten war. Tausende Einwohner haben die Stadt verlassen. Am Flughafen herrschte die ganze Woche Hochbetrieb und die Ausfallstraßen waren stundenlang verstopft. Vielen Tankstellen ging das Benzin aus.
Die Elektrizitätswerke konnten mehr als 80 Prozent der Haushalte wieder an das Stromnetz anschließen, zwei Drittel hatten auch wieder fließend Wasser. Die Abwasserentsorgung funktionierte dagegen noch nicht wieder. Die Einwohner sind angehalten, Wasser grundsätzlich abzukochen. Bürgermeister Bob Parker warnte davor, an bestimmten Stränden zu baden, weil Abwässer dort wegen der beschädigten Kläranlagen direkt ins Meer geleitet werden.
An diesem Montag ist die erste Beerdigung eines Erdbebenopfers geplant. Es handelt sich um ein fünf Monate altes Baby. Baxtor Gowland war von einem herabfallenden Fernseher erschlagen worden, berichteten neuseeländische Zeitungen.
Key rief die Menschen auf, am Dienstag um 12.51 Uhr zwei Minuten innezuhalten und der Opfer zu gedenken. Das war genau der Moment, als Christchurch eine Woche vorher von dem Erdbeben der Stärke 6,3 erschüttert wurde. Es war bereits das zweite schwere Beben binnen eines halben Jahres.