Erste Frau am Bauhaus: Von der Hitze Australiens ins kalte Wasser
Dessau-Roßlau (dpa) - „Ganz wunderbar“ fühle sie sich hier, am Bauhaus Dessau, sagt Claudia Perren. Die 41 Jahre alte Architektin lässt den Blick von der legendären Bauhausbühne nach draußen schweifen, durch die markante Fensterfront des Gebäudes, das zum Unesco-Welterbe zählt.
Noch vor zwei Wochen erlebte sie hautnah die Hitze Australiens, nun folgt gewissermaßen der Sprung ins kalte Wasser: Auf Perrens Schultern lastet eine große Verantwortung, denn es gilt, das Erbe des Bauhauses und dessen Stätten zu pflegen und dem legendären Ort ihren Stil aufzuprägen. 2019 jährt sich die Gründung des Bauhauses in Weimar zum 100. Mal. Im Verbund mit Weimar und Berlin soll Perren dies als Top-Termin vorbereiten - und den Bau eines wegen seines Standortes umstrittenen Bauhausmuseums in Dessau begleiten.
Nach dem Knatsch um die Nicht-Vertragsverlängerung ihres Vorgängers Philipp Oswalt ist Perren als Direktorin der Stiftung Bauhaus Dessau die erste Frau auf dem Chefsessel - dort, wo einst Gründer Walter Gropius saß und mit seinen Bauhausmeistern Anfang des 20. Jahrhunderts für einen Aufschrei in der Welt von Kunst und Architektur sorgte. Denn in Dessau traf zwischen 1925 und 1932 unter Leitung von Gropius, Hannes Meyer und Ludwig Mies van der Rohe eine internationale Avantgarde zusammen. Das Bauhaus war ein Ort für Neues in der Kunst, im Design von Produkten und Räumen, die Meisterhaussiedlung ein Ort neuen Wohnens, die Bauhausbühne ein Experimentierfeld für Ballett und Theater.
Perren, promovierte Architektin, sagt über sich: „Ich bin grundsätzlich ein offener Mensch.“ Dass Mitarbeiter - 55 sind es in Dessau - nur das machen sollen, was ihr so vorschwebt, das sei nicht ihr Stil. Sie wolle diskutieren, gemeinsam Ideen entwickeln, auch mit Kreativen aus der ganzen Welt. „Alle Bauhausbauten sollen offen stehen.“
Mit dem Bauhaus sei sie während ihrer Forschungen, auch in Australien - an der Universität Sydney war sie acht Jahre - immer verbunden gewesen. „Als ich dann die Ausschreibung für Dessau gelesen habe, haben auch Freunde und Kollegen zu mir gesagt, Mensch, Claudia, das wär' doch was für dich“. Und so habe sie sich recht spontan beworben.
Der Stiftungsrat der Stiftung Bauhaus unter Vorsitz von Sachsen-Anhalts Kultusminister Stephan Dorgerloh (SPD) entschied sich im März für sie. Am Freitag war ihr erster Arbeitstag. „Für die Stiftung ist das ein sehr glücklicher und schöner Tag“, sagt Dorgerloh, entspannt auf einem Designerstuhl wippend.
Perren wohnt bereits in Dessau. Gar nicht weit weg vom Bauhaus, verrät die bislang eher medienscheue Frau im dunklen Hosenanzug lächelnd. Ihre beiden Kinder sollen in der Stadt auch zur Schule gehen. Ihr Mann habe berufliche Verpflichtungen in Australien. „Er wird hier und auch da leben“, sagt sie. Begeistert zeigt sich Perren von den Parks in der Umgebung. „Die Kühle dort, das ist ein Genuss.“