Exerzitien-Boom: Die Sehnsucht nach Stille

Schweigen, beten und besinnen — Auszeiten für geistliche Übungen sind stark gefragt.

Köln. Eine Auszeit im Kloster oder eine Besinnungszeit von zu Hause aus: Immer mehr Menschen nehmen an Exerzitien teil — sprich: an geistlichen Übungen.

Nach Angaben der katholischen Bistümer im Rheinland ist die Nachfrage nach Exerzitien-Kursen in den vergangenen Jahren gestiegen. Entsprechend groß ist das Angebot aller Bistümer, die mit verschiedenen Exerzitien-Häusern kooperieren.

Rund 3000 Menschen nehmen im Erzbistum Köln jedes Jahr an Exerzitien-Kursen teil — von gläubigen Katholiken bis zu Konfessionslosen. Das schätzt Markus Roentgen, der das Referat für Spiritualität im Generalvikariat Köln leitet. „Das Bedürfnis nach tieferer, persönlicher Spiritualität ist gewachsen“, sagt er.

Rund 300 Exerzitienkurse stehen im aktuellen Jahresprogramm des Erzbistums. Das tatsächliche Angebot sei mindestens doppelt so groß, sagt Roentgen. Denn fünf der sechs Exerzitienhäuser im Erzbistum Köln sind eigenständig. Nur Teile ihrer Kurse stehen im Bistumsprogramm.

Im Bistum Aachen steige die Zahl der Kurse ebenfalls seit Jahren, sagt der Leiter der Fachstelle für Exerzitien, Manfred Langner. Wie viele Menschen in seinem Bistum an den geistlichen Übungen teilnehmen, kann er nicht sagen. Die Nachfrage sei jedoch hoch.

Im Bistum Essen sieht es ähnlich aus. Bis zu 1000 Menschen haben dort im vergangenen Jahr an Exerzitien-Kursen teilgenommen, schätzt Ingelore Engbrocks, Referentin für Exerzitien im Bistum Essen. In dem Bistum gibt es viele neue Exerzitien-Formen, etwa Online-Exerzitien.

Bislang 300 Menschen nutzten 2010 und 2011 das Angebot. Der Exerzitien-Begleiter schickt dabei den Teilnehmern jeden Morgen eine E-Mail mit einer „spirituellen Anregung“. Die Besinnung findet zu Hause statt.

Einen Überblick über das Exerzitien-Angebot in NRW und bundesweit bietet die Seite „exerzitien.info“, die unter anderem von der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Diözesan-Exerzitien-Sekretariate (ADDES) betrieben wird. Dort kann man Exerzitienhäuser suchen oder direkt nach Kursen. Von Gruppen-, Wander-, oder Fastenexerzitien hin zu Einzel-, Straßen- oder Filmexerzitien reicht die Bandbreite.

Laut „exerzitien.info“ gibt es 30 Exerzitienhäuser in NRW. Viele von ihnen verzeichnen eine gestiegene Nachfrage. Im Paderborner Haus Maria Immaculata steige etwa das Interesse an Einzelexerzitien, erzählt Schwester Ines Schmiegel: „Ich denke, es ist einfach die Sehnsucht nach Stille.“