Fertig-Lasagne bleibt in den Tiefkühltheken liegen

Minister wirft Unternehmen mangelnde Offenheit vor. Verbraucher würden nicht gut genug informiert.

Düsseldorf/Köln. Viele Kunden an der Tiefkühltheke sind verunsichert. Nach den Meldungen über nicht deklariertes Pferdefleisch in Fertiggerichten greift kaum noch jemand zur Lasagne.

Zu groß ist die Sorge, dass auch hier — wie in Großbritannien und Frankreich — mit Medikamenten verunreinigtes Fleisch verarbeitet wurde. „Die Fleischindustrie ist schon widerwärtig geworden. Man kauft etwas, was man nicht kaufen wollte“, sagt Ronald Kiesgarten beim Einkauf in einem Kölner Lebensmittelmarkt.

Immer länger wird die Liste der Unternehmen, die wegen Pferdefleischfunden oder Verdachtsfällen Produkte aus dem Verkauf nehmen. Am Donnerstag waren Edeka, Rewe, Real, Kaiser’s und Eismann betroffen. Längst ist der Skandal nicht mehr auf Nordrhein-Westfalen beschränkt.

Beim NRW-Verbraucherschutzministerium laufen derweil die Untersuchungen auf Hochtouren. Es gilt, die Lieferwege der Unternehmen aufzudecken, die das Pferdefleisch in Umlauf gebracht haben und weitere betroffene Abnehmer zu finden.

Von den Lebensmittelämtern werden immer mehr Proben untersucht — Ergebnisse liegen aber noch nicht vor. „Wir brauchen noch einige Tage“, sagte ein Ministeriumsprecher am Donnerstag. Im Labor soll auch nach Spuren gefährlicher Medikamente gesucht werden, wie dem in England nachgewiesenen Schmerz- und Dopingmittel Phenylbutazon. Bislang gab es in Deutschland keine Funde.

NRW-Verbraucherschutzminister Johannes Remmel (Grüne) forderte die Lebensmittelhändler mit Nachdruck auf, endlich alle Verdachtsfälle offen zu legen. „Viele Einzelhändler haben in den vergangenen Tagen und Wochen stille Rückrufaktionen unternommen, weil sie offenbar schon einen Verdacht hatten“, sagte Remmel. Die Verbraucher habe man lange im Unklaren gelassen, kritisierte er.

Remmel forderte die Lebensmittelhändler auf, ihre Kunden über eine zentrale Internetplattform über verdächtige Produkte, Rückrufaktionen und Pferdefleischfunde zu informieren. Eine Reaktion auf die Forderungen des Ministers gab es am Donnerstag nicht.

Die Anfrage mit Bitte um Stellungnahme beim Bundesverband deutscher Lebensmittelhändler, dem auch Edeka und Rewe angehören, blieb zunächst unbeantwortet. Zur Veröffentlichung zwingen kann das Verbraucherschutzministerium die Lebensmittelhändler nicht. Auch selbst aktiv zu werden, gehe nicht. Sein Ministerium könne aus rechtlichen Gründen nicht die Namen der Produkte nennen, da nach Stand der Informationen bisher keine Gesundheitsgefahr bestehe, bedauerte der Minister.

Trotz des aktuellen Fleischskandals sieht der Bundesverband der Lebensmittelkontrolleure den Verbraucherschutz in Deutschland grundsätzlich gewährleistet: „Die Überwachung ist so stark wie noch nie“, sagte Vorstand Manfred Woller. Derzeit sind in Nordrhein-Westfalen rund 400 Lebensmittelkontrolleure im Einsatz.