Nach Festnahme in London Gericht spricht Assange wegen Verstoß gegen Kautionsauflagen schuldig

London · Ein Gericht hat Wikileaks-Gründer Julian Assange in London für schuldig befunden, gegen seine Kautionsauflagen in Großbritannien verstoßen zu haben. Dafür droht ihm eine Haftstrafe von bis zu zwölf Monaten.

Großbritannien, London: Julian Assange, Mitbegründer der Enthüllungsplattform WikiLeaks, kommt am Westminster-Amtsgericht in London an.

Foto: dpa/Victoria Jones

Wikileaks-Gründer Julian Assange ist nach fast sieben Jahren Asyl in der Botschaft Ecuadors in London festgenommen worden und die USA fordern seine Auslieferung. Die US-Justiz wirft Assange Verschwörung mit der Whistleblowerin Chelsea Manning vor. Manning hatte von Wikileaks veröffentlichte Regierungsdokumente beschafft, die unter anderem Menschenrechtsverletzungen der US-Armee in Afghanistan enthüllt hatten.

Ein britisches Gericht hat Wikileaks-Gründer Julian Assange am Donnerstag in London für schuldig befunden, gegen seine Kautionsauflagen verstoßen zu haben. Dafür droht ihm eine Haftstrafe von bis zu zwölf Monaten. Konkret werde Assange beschuldigt, Manning dabei geholfen zu haben, ein Passwort eines Computernetzwerks der Regierung zu knacken, hieß es am Donnerstag in einer Mitteilung des Justizministeriums zum US-Auslieferungsantrag an Großbritannien.

Diese Anklage könnte den Weg für eine Auslieferung an die USA freimachen. Ecuadors Präsident Lenin Moreno hatte bei der Aufhebung des Asyls von Assange betont, die britische Regierung habe schriftlich zugesagt, Assange nicht an ein Land auszuliefern, in dem ihm Folter oder die Todesstrafe drohten.

Die Gefahr einer Auslieferung an die USA ist genau das, was Assange veranlasste, 2012 in die Botschaft zu flüchten und dort so lange auszuharren.

Die Regierung Ecuadors Assange hob das diplomatische Asyl mit der Begründung auf, er habe gegen die Auflagen dafür verstoßen. Die britische Polizei teilte mit, der Botschafter habe sie für die Festnahme in die Botschaft eingeladen.

Wikileaks trat zunächst in Erscheinung mit der Veröffentlichung geheimer US-Dateien, die unter anderem Menschenrechtsverletzungen und die Tötung von Zivilisten durch amerikanische Truppen in Afghanistan dokumentierten.

Zuletzt stand Wikileaks aber vor allem im Fokus von US-Ermittlungen, weil die Enthüllungswebsite im Präsidentschaftswahlkampf 2016 gestohlene E-Mails der demokratischen Partei veröffentlichte. US-Behörden gehen davon aus, dass die E-Mails von russischen Hackern heruntergeladen und Wikileaks zugespielt wurden. Diesen Aspekt hat auch FBI-Sonderermittler Robert Mueller in seinem Abschlussbericht über die vermutete russische Einmischung bei der von Donald Trump gewonnenen Präsidentenwahl festgehalten.

Das Interesse der US-Justiz wurde im vergangenen November bekannt, als Assanges Name versehentlich in einem US-Gerichtsdokument auftauchte. Die Passage legte nahe, dass es bereits eine Anklage gibt, sie aber unter Verschluss gehalten wird. Die jetzt veröffentlichte Anklageschrift trägt das Datum 6. März 2018.

Manning hatte Wikileaks im Jahr 2010 - damals noch als Bradley Manning - hunderttausende geheime Militärdokumente zukommen lassen. Sie wurde zu 35 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt und von US-Präsident Barack Obama kurz vor Ende seiner Amtszeit begnadigt.

Wikileaks warf Ecuador am Donnerstag vor, mit der Entziehung des politischen Asyls für Assange internationales Recht zu brechen.

Whistleblower Edward Snowden, der im russischen Exil lebt, schrieb auf Twitter: „Assanges Kritiker mögen jubeln, aber das ist ein dunkler Moment für die Pressefreiheit.“ Das russische Außenministerium kritisierte die Festnahme. Der Kreml teilte mit, er hoffe, dass die Rechte Assanges respektiert würden. US-Schauspielerin Pamela Anderson, die den 47-jährigen mehrfach in der Botschaft besucht hatte, schrieb: „Ich bin schockiert.“ Sie warf den Briten vor, sie bräuchten eine Ablenkung vom „idiotischen Brexit-Mist“.

Ecuadors Präsident Moreno dagegen betonte, Asyl zu gewähren oder zu entziehen sei Recht des Staats. Er warf Assange die Einmischung in innere Angelegenheiten anderer Staaten sowie unhöfliches und aggressives Verhalten vor.

Großbritanniens Regierung begrüßte die Festnahme. „Julian Assange ist kein Held und niemand steht über dem Gesetz“, schrieb Außenminister Jeremy Hunt auf Twitter. „Es hat sich jahrelang vor der Wahrheit versteckt.“ Die zusätzlichen Polizeiwachen vor der Botschaft hatten die britischen Steuerzahlen über die vergangenen Jahre Millionen gekostet.

Assange bezeichnet sich selbst als Journalist und beansprucht deshalb die für Medien üblichen Schutzklauseln, wenn es um die Geheimhaltung von Quellen und die Veröffentlichung vertraulicher Informationen geht. Kritiker werfen ihm vor, er sei ein einen Selbstdarsteller, der Menschenleben gefährdet habe. Seine Anhänger sehen in ihm dagegen einen Aufklärer.

Als Assange in die diplomatische Vertretung flüchtete, lag gegen ihn ein europäischer Haftbefehl wegen Vergewaltigungsvorwürfen in Schweden vor. Er befürchtete, zunächst nach Skandinavien und schließlich an die USA ausgeliefert zu werden. Im Mai 2017 stellte die Staatsanwaltschaft in Schweden jedoch ihre Ermittlungen ein.

Damit war Assange allerdings noch kein freier Mann, denn er hatte mit der Flucht in die Botschaft gegen britische Kautionsauflagen verstoßen. Scotland Yard kündigte an, den Enthüllungsaktivisten festzunehmen, sobald er die Botschaft verlasse. Ein Versuch der Anwälte Assanges, den Haftbefehl von einem Gericht für ungültig erklären zu lassen, scheiterte.

(dpa/AFP)