Franziska Walser: Zwischen Lust und Vertrautheit
Interview: Zum 80. Geburtstag von Martin Walser wurde „Ohne einander“ verfilmt. Tochter Franziska spielt die Hauptrolle.
Hamburg. Eine Journalistin sucht außerhalb der eigenen Ehe Ausgleich dafür, dass ihr Mann sie ständig betrügt. Ob es die 54-jährige Franziska Walser gekränkt hätte, wenn ihrem Vater eine andere Besetzung lieber gewesen wäre? Martin Walser, der das Gespräch verfolgt, protestiert: "Ich habe mir nie eine andere Darstellerin gewünscht."
"Nur Schwule schreiben gute Frauenrollen", hat Ihr Vater einmal gesagt. Ist die recht passive Ellen eine im handwerklichen Sinn "gute" Rolle?
Franziska Walser: Das ist sie - und ich sehe sie auch gar nicht so passiv. Gewiss steht sie anfangs im Windschatten des Mannes, aber sie kommt aus der Deckung heraus, versucht mit Zähigkeit, ihr Leben weiter zu leben.
Sie sind jetzt seit 27 Jahren mit Ihrem Kollegen Edgar Selge zusammen. Ist die Ehe im Film realistisch gezeichnet?
Walser: Sie deckt sich durchaus mit eigenen Erfahrungen, wenigstens zum Teil. Denn sie zeigt die Problematik in wahrscheinlich jeder langjährigen Beziehung auf: Man hat nur den einen Partner, will sich aber trotzdem weiterentwickeln, und das wird schwierig. Man reibt sich aneinander, braucht andere Impulse.
Ältere Eheleute leben ja oft wie Geschwister miteinander: liebevoll, aber ohne Erotik . . .
Walser: Ja, das finde ich ganz furchtbar. Seelenverwandtschaft ist sicher etwas Schönes, aber meine eigenen Wege führen mich - hoffentlich - nicht dorthin.
Sie sind in der Welt der Literatur aufgewachsen, leben jetzt in der Welt des Theaters und Films. Ist das ein großer Unterschied?
Walser: Schon. Literaten sind in der Regel Einzelgänger. Schauspieler sind von ihrem Beruf her darauf angewiesen, etwas gemeinsam zu machen.
Ihr Ehemann im Film, von Klaus Pohl gespielt, ist auch Schriftsteller. Mögen Sie ihn?
Walser: Ich mag ihn, und seine Ehefrau im Film mag ihn immer noch, obwohl er furchtbar Ich-bezogen ist. Aber sie braucht auch einen Menschen, der sie und nicht immer nur sich selbst sieht.
Sie selbst entstammen ja noch der 68er-Generation. Gehört die Frau im Film auch dazu?
Walser: Sie ist eine Linke, ja. Und wie viele Linke der 68er-Generation eine recht einsame Figur. Die Entwicklung damals - einschließlich der sexuellen Befreiung - war sicher nötig. Sie hat Raum für vieles geschaffen, was bis dahin nur aufgestaut war. Aber die 68er haben auch einen sehr hohen Preis dafür bezahlt und manches losgetreten, was sich heute als großes Problem erweist.
Auch dieses rasche Verlassen des Partners, wenn es in einer Beziehung mal nicht klappt?
Walser: Ja, das gehört sicher dazu. Wobei jeder selbst entscheiden muss, welchen Weg er gehen will. Ich ziehe die Kontinuität vor, zuviel Wechsel verwirrt nur. Die Reibungen in einer Partnerschaft können ja etwas Tolles, wenn auch Anstrengendes sein, und man kann sich auch dabei entwickeln.
Ehe und Familie bleiben also unersetzlich?
Geboren 1952 in München.
Theater Sie gehört ab 1976 zum Ensemble der Münchner Kammerspiele, es folgen das Theater Köln, Schauspielhaus Zürich und Frankfurt.
Film 1978 erhält sie ihre erste Filmrolle ("Deutschland im Herbst"), weitere Filme folgen. Zuletzt spielte sie Hauptrollen in "Reine Geschmackssache" und "Der letzte Tanz".
Ohne einander Heute, 20.15 Uhr, ZDF