Frau von morschem Baum erschlagen
Städtischer Gärtner wusste vorher vom schlechten Zustand.
Trier. Die Fußgängerin war unterwegs nach Hause, als in der Trierer Innenstadt plötzlich ein maroder Kastanienbaum umfiel und sie erschlug. Karlheinz Reinhard (59) hatte gerade Mittagspause, als die Äste des 18 Meter hohen Baumes auf ihn krachten. „Ich war zur falschen Zeit am falschen Ort“, sagt der Jurist ein Jahr später im Amtsgericht. Er überlebte, wurde bei dem Unfall aber schwer verletzt. Er geht heute nach fünf Operationen an Fuß und Becken an Krücken.
Auf der Suche nach einem Schuldigen hat am Dienstag der Prozess gegen einen 53 Jahre alten Mitarbeiter des Trierer Grünflächenamtes begonnen. Fahrlässige Tötung und Körperverletzung wirft die Staatsanwaltschaft ihm vor. Sie ist der Ansicht, dass der Mann, der für Zweitkontrollen von Bäumen zuständig ist, das Unglück hätte verhindern können. Vier Monate vorher sei er auf den schlechten Zustand der Kastanie aufmerksam gemacht worden, sagt Staatsanwalt Arnold Schomer. Dennoch habe er den Baum nicht fällen lassen.
Das stimmt zwar, räumt der Gärtnermeister ein. Er hätte es auch getan, wenn er denn gewusst hätte, wie schlecht es um die Kastanie stand, beteuert er unter Tränen. Es seien aber immer neue Aufgaben auf ihn zugekommen — er habe 100 Bäume zur Kontrolle vorliegen gehabt.
Um genau diese Strukturen und Arbeitsabläufe geht es Amtsrichter Wolf Strick im Prozess. „Wir müssen jetzt prüfen, ob das, was dem Angeklagten angelastet wird, in intakter Struktur oder in defizitärer Struktur passiert ist“, sagt er.
Für den Witwer der Getöteten ist die Schuldfrage nicht das Allentscheidende. „Es gibt keine Wiederbelebung“, sagt der 75-Jährige. Er erhoffe sich vom Prozess, dass er die Kosten, die ihm nach dem Tod seiner Frau entstanden sind, wenigstens teilweise erstattet bekommt. Auch Karlheinz Reinhard setzt auf ein Schmerzensgeld. „Das wäre ein kleines Zeichen der Anerkennung. Die Kastanie hat mein Leben verändert.“