Futuristische Hütten-Gaudi am Montblanc

Seit kurzem können Bergsteiger auf 3835 Metern in einer neuen Hütte übernachten. Der Bau zieht die Blicke auf sich — und Kritik.

Saint-Gervais. Der Bau erinnert mehr an ein Ufo als an eine Schutzhütte. Das neue „Refuge du Goûter“ (etwa: Gouter-Schutzhütte) am Montblanc gilt vielen als Beispiel für Modernität und Nachhaltigkeit. Doch der Bau auf 3835 Metern Höhe stößt nicht überall auf Anklang. Zu teuer, zu schick, zu anziehend, so lautet die Kritik an dem in Edelstahl gehüllten Neubau.

„Manche Bergführer halten die Hütte für zu luxuriös“, sagt Estelle Nauche, Mitarbeiterin eines Hotels in Chamonix. Der Ende Juni eröffnete Neubau verfälsche den Zweck der Schutzhütte. Sie sei ursprünglich nur dafür dagewesen, Bergsteigern einen letzten Zwischenstopp vor dem höchsten Gipfel der Alpen zu ermöglichen. Nun interessieren sich zum Beispiel auch abenteuerlustige Junggesellengruppen für einen Aufenthalt dort.

Hüttenmanager Jean-Pierre Crestia hält die Kritik für ungerechtfertigt. „Die Architekten haben sie einfach, aber mit Geschmack entworfen. Die meisten Kunden sind zufrieden, vor allem die Bergführer, die dort immerhin einen Teil ihres Alltags verbringen.“

Umstritten ist auch der Übernachtungspreis von 90 Euro inklusive Halbpension. „Das ist der Preis eines Vier-Sterne-Hotels mit Pool“, meint Nauche. Andere Hütten verlangen 30 Euro weniger. „Wenn man den Montblanc besteigen will, ist das nun mal ein teures Unterfangen“, sagt auch Jean-Marc Peillex, Bürgermeister der zuständigen Gemeinde Saint-Gervais.

Wegen des großen Andrangs sind, wie schon bei der alten Herberge, Reservierungen verpflichtend. „Unsere Kapazitäten sind auf 120 Personen beschränkt, wir können nicht alle aufnehmen“, rechtfertigt Hüttenwirtin Amélie Faure. Reservieren geht nur per Internet.

Das sehen einige Bergführer als Problem. „Wenn man schon am Berg ist, bekommt man keinen Schlafplatz mehr“, sagt David Ravanel. Auch das Bestätigen dieser Reservierung, drei Tage vor dem Eintreffen, sieht er skeptisch. „Wir können die Witterung am Berg nicht drei Tage vorhersagen.“ Bergsteiger ohne Reservierung werden zwar aufgenommen, müssen dann aber in Umkleideräumen oder im Eingangsbereich schlafen. Das kostet trotzdem 90 Euro ohne Essen.