Gefälschte Medizin gegen Schweinegrippe
Europäische Gesundheitsbehörden warnen vor dubiosen Angeboten im Internet.
Brüssel. Während sich die Schweinegrippe in Europa ausbreitet, machen Kriminelle im Internet Kasse mit falschen Medikamenten gegen das H1N1-Virus. Immer öfter stoßen Experten auf dubiose Angebote im Netz, doch die Händler sind nur schwer zu ermitteln.
Europäische Gesundheitsbehörden sind deswegen alarmiert: "Wer solche gefälschten Präparate ersteht, bringt sich oder die Gesundheit seiner Familie in Gefahr", warnt die Europäische Arzneimittelagentur.
Damit folgen die Europäer Erkenntnissen der US-Arzneimittelbehörde FDA: Mitarbeiter hatten vor einigen Wochen verschiedene Online-Angebote des Grippe-Mittels "Tamiflu" genauer unter die Lupe genommen. Das Mittel soll die Ausbreitung der Influenza-Viren im Körper verhindern.
Doch statt des bestellten Medikamentes, das im legalen Verkauf verschreibungspflichtig ist, bekamen sie Tabletten mit einer Mischung aus Talkum und Paracematol zugeschickt. Kurz darauf war die Webseite aus dem Netz verschwunden.
Da die Grippewelle zur kalten Jahreszeit heftiger wird, rechnen die Behörden mit einer Zunahme derartiger Angebote. Aufgrund von Engpässen in der Versorgung versuchten Patienten über andere Wege an die Mittel zu kommen, heißt es in einer Mitteilung der FDA. Kriminelle Banden würden daraus Profit schlagen. Viele der angebotenen Medikamente seien wirkungslos oder sogar mit giftigen Stoffen durchsetzt.
Unterdessen riet die EU-Kommission erneut, sich gegen die Schweinegrippe impfen zu lassen. Die Bürger könnten sicher sein, dass die zugelassenen Impfstoffe vor ihrer Zulassung sorgfältig bewertet wurden, sagte eine Sprecherin von EU-Gesundheitskommissarin Androulla Vassiliou und versuchte damit, Bedenken über gefährliche Nebenwirkungen zu zerstreuen.
In Schweden waren vier Risikopatienten kurz nach der Immunisierung gestorben; die Vorfälle werden noch untersucht. "Ersten Erkenntnissen zufolge gibt es aber keinen Zusammenhang zwischen Impfung und Todesfällen", sagte die Sprecherin.
Kopfzerbrechen bereitet den EU-Experten vor allem die Lage in Südosteuropa. In der Ukraine waren fast 200.000 Menschen innerhalb kürzester Zeit erkrankt. Deshalb hatte Staatspräsident Viktor Juschtschenko die USA, EU und Nato um Hilfe gebeten: Das Virus breite sich schnell aus und habe sich inzwischen zu einer Gefahr für die nationale Sicherheit entwickelt.
Probleme gibt es auch in Bulgarien, wo es vor allem an Grippe-Medikamenten fehlt. Der EU-Abgeordnete Jo Leinen (SPD) rief die EU-Staaten deshalb zu mehr Solidarität auf: Eine unkontrollierte Epidemie werde zwangsläufig auf die benachbarten Mitgliedsländer der Europäischen Union wie Rumänien, Ungarn oder die Slowakei überspringen. Deswegen müssten die Menschen so schnell und so gut wie möglich geschützt werden.