Pro & Contra Braucht es den Vater- und den Muttertag?
PRO
Ja, in Zeiten hektischer Betriebsamkeit wird noch einmal in Erinnerung gerufen, wo denn echte Dankbarkeit angebracht ist.
Von Olaf Kupfer, olaf.kupfer@wz-plus.de
Man kennt das ja: Die Woche fließt dahin, ein Termin reiht sich an den anderen, Stress, Hektik — und wieder mal kein Anruf daheim, wieder kein Kontakt zu Mutter oder Vater. Viel zu oft vergessen wir in unserer hektischen Betriebsamkeit, wo denn regelmäßig echte Dankbarkeit landen sollte. Wer sich davon freispricht, ist eher Ausnahme denn Regel: Die Bindung in der Familie wird zunehmend gelockert, der tatsächliche (und nicht virtuelle) Kontakt immer seltener. Weil wir in einer globalen und vernetzten Welt irgendwie und irgendwo an allem teilnehmen, aber dann eben oft nicht mehr genug Raum bleibt für den intensiven Kontakt in der Familie. Die so oft dann Rückhalt ist, wenn es wirklich wichtig wird.
Der Muttertag mag hierzulande vom Verband Deutscher Blumengeschäftsinhaber 1923 ins Leben gerufen worden sein und ist damit eigentlich über die Maßen unmoralisch interessengeleitet. Aber er hat auch sein Gutes: Sich an die Wurzeln zu erinnern und jene Dankbarkeit zum Ausdruck zu bringen, die zweifellos doch nicht aufwiegen kann, was da alles in einem Leben geleistet wurde — oder immer noch wird. Und der Vatertag? Wird an dieser Stelle mit den gleichen Argumenten verteidigt. Wir leben ja in einer gleichberechtigten Welt. Also: Über ein Frühstück würde ich mich freuen, Blumen müssen nicht sein.
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CONTRA
Nein, wirkliche Wertschätzung wird nicht an einem einzigen Tag im Jahr zum Ausdruck gebracht und braucht keinen Termin.
Von Monika Werner-Staude, monika.werner-staude@wz.de
Als Mutter gegen den Muttertag zu schreiben, mag unverständlich sein. Und um es gleich vorwegzusagen, bin ich natürlich nicht gegen Wertschätzung, die mir meine Kinder entgegenbringen. Die ich aber nicht mit Dankbarkeit verwechselt haben will. Dafür bin ich selbst viel zu dankbar dafür, dass ich Kinder habe. Freiwillig dankbar. Wie meine Kinder das umgekehrt sehen, überlasse ich ihnen. Unabhängig davon verfüge ich über reichlich Muttertagserfahrung: Ich habe in der Schule Gedichte zu Ehren der Mutter geschrieben, habe Blumen gekauft und irgendwann auch den Vatertag im Zeichen der Gleichberechtigung bewusst mitbedacht, indem ich dem vernaschten Vater Schokoladenpräsente machte. Später kamen bewusste Besuche und Unternehmungen mit den Eltern hinzu. Doch irgendwie fühlte ich mich nicht wohl dabei. Weil es auch Pflicht, nicht allein Wunsch war. Weil ich mich fragte, ob ich an den anderen Tagen im Jahr zu wenig an Mutter und Vater dachte. Weil ich sie natürlich sehr lieb gehabt habe und ihnen sehr dankbar bin.
Deshalb habe ich bei meinen Kindern den Muttertag abgeschafft, arbeite sogar hin und wieder bewusst an diesem Tag. Über Anerkennung, ein spontanes Danke oder einen Blumenstrauß freue ich mich natürlich dennoch — an jedem Tag im Jahr.