Bushido und der Bambi-Eklat
Wiesbaden (dpa) - Lady Gaga mit langer schwarzer Schleppe, Helmut Schmidt gewohnt staatsmännisch und Bushido als großer Spalter - gegensätzlicher hätte die Bambi-Verleihung in Wiesbaden nicht über die Bühne gehen können.
Im grünen Glitzer-Kleid von Hollywood-Star Gwyneth Paltrow eröffnet, plätscherte die Show dahin, zu mehr als freundlichem Applaus wollten sich die rund 800 Gäste bei den meisten Preisträgern nicht hinreißen lassen. Bis dann Peter Plate, Songschreiber der Band Rosenstolz, für den Paukenschlag sorgte, der schon lange in der Luft lag: Er nahm die Bambi-Jury scharf ins Gericht wegen des „Integrations“-Bambis für Rüpel-Rapper Bushido.
„So wenige Jahre nachdem ein Musiker frauenfeindliche Texte, schwulenfeindliche Texte und im Endeffekt menschenverachtende Texte veröffentlicht hat, so einen Musiker hier heute Abend auszuzeichnen, finde ich nicht korrekt“, sagt der schwule Plate - und erntet mehrfach Applaus. „Richtig“, brüllen einige im Publikum.
Auch von der Politik hagelt es Kritik: der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, Volker Beck, schimpft zum Beispiel in der „Osnabrücker Zeitung“: „Wer Frauen- und Schwulenverachtung propagiert, hat keinen Preis für gelungene Integration verdient.“ Und die Piratenpartei Deutschland bietet dem Burda-Verlag, Veranstalter der Bambi-Gala, einen „Integrationskurs zur Vermittlung grundlegender Werte an“.
Der Rapper selbst weist nach der Preisverleihung die Kritik an ihm zurück. „Die negative Hysterie hat mich überrascht“, sagt der Musiker. „Ich dachte, die Zeit ist vorbei.“ Worte der Entschuldigung blieb er aber auch in seiner Dankesrede schuldig, auch wenn er sich distanzierte: „Ich habe gelernt, dass das, was ich gesagt habe, falsch war.“ So sorgt die Bambi-Verleihung für Gesprächsstoff. Doch auf der After-Show-Party will kaum jemand über das Thema reden.
Im Fernsehen war es die quotenstärkste Bambi-Verleihung seit fünf Jahren. Durchschnittlich 6,00 Millionen Zuschauer (20,5 Prozent Marktanteil) schalteten am Donnerstagabend die ARD ab 20.15 Uhr ein, rund eine Million mehr als im vergangenen Jahr.
Die Glanzpunkte des Abends setzen Pop-Ikone Lady Gaga und Teenie-Schwarm Justin Bieber, zumindest wenn man es am Kreisch-Pegel auf dem roten Teppich und dem Blitzlichtgewitter der Fotografen misst. Schon eine Stunde vor der Show in den Rhein-Main-Hallen stehen rund 1500 Fans an den Absperrungen. Viel zu sagen haben dann beide nicht - ein artiges Dankeschön vor allem an die Fans, ein Kompliment an Laudator Karl Lagerfeld, das ist alles von Lady Gaga.
Anders bei Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt, der zum Schluss des Abends den „Millennium“-Bambi erhält und seine Rede nutzt, um zur Stärkung Europas aufzurufen: Ganz ohne Zigarette appelliert der 92-Jährige an die Deutschen, Nachbarschaften zu pflegen und die Lage angesichts der Euro-Krise nicht negativ zu malen. „Unsere Nation und unser Staat sind in einer friedlicheren äußeren Verfassung als jemals in früheren Generationen.“ Seine Laudatorin Sandra Maischberger hat Schmidt zuvor auch als „glänzenden Entertainer“ und „Marathonmann“ gewürdigt, das illustre Publikum applaudiert ihm stehend.
„Ein solcher Bogen gelingt nur Bambi“ hat sich Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier vor Beginn der Gala begeistert gezeigt. Die 80-jährige Ruth Maria Kubitschek freut sich, „endlich mal wieder bei einer Party dabei zu sein“. Und Pop-Newcomer Tim Bendzko will seinem Rehkitz auf der Toilette einen Ehrenplatz schaffen.
Für ein paar markige Sätze sorgt Thomas Gottschalk, der sich erneut über eine Trophäe freuen kann. Nein, er tauge „nicht zur Legende“ und wehmütig sei er auch angesichts des bevorstehenden Abschieds von „Wetten, dass..?“ nicht. Und auf die seit Wochen heiß diskutierte Frage nach einem Nachfolger findet er einen Vergleich: „Es ist wie beim Papst, einer wird's werden.“