Deutscher Fernsehpreis ohne TV-Publikum

Düsseldorf (dpa) - Barbara Schöneberger ist verwirrt. „Ich guck' die ganze Zeit in die Kamera, dabei ist da gar keiner.“ Sie moderiert in Düsseldorf den Deutschen Fernsehpreis, doch die Vergabe ist diesmal Neujahrsempfang, Klassentreffen, Branchentreff - nur keine Fernsehgala.

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Die Kameras sind am Mittwochabend zunächst nur für die Journalisten angeschaltet, die im Presseraum das Treiben im Saal verfolgen und für einen halbstündigen Zusammenschnitt der Verleihung, die am Donnerstagabend bei Eins Festival im Programm stand.

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Immerhin: „Wir können alles machen, was wir schon immer mal machen wollten im Fernsehen“, sagt Schöneberger.

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Über das neue Format schimpfen aber auch Nutzer bei Twitter: „Ich schalte durch meine 387 Kanäle und kann einfach nicht den Deutschen Fernsehpreis finden“, schreibt einer. Eine Userin twittert: „#DFP16? Warum weiß ich davon nichts?“

Erst sollte es gar keinen Fernsehpreis mehr geben. Die Kritik an der Vergabepraxis war zu groß geworden. 2015 setzten die Stifter den Preis komplett aus, dann wurde doch eine Neuauflage angekündigt. „Huch, den gibt's doch eigentlich gar nicht mehr“, erinnert sich Moderatorin Nazan Eckes an den Moment, als die Einladung für die Verleihung in Düsseldorf in ihrem Briefkasten lag.

„Schön, dass es das wieder gibt“, sagt Moderator Markus Lanz. Dass der Preis im internen Rahmen verliehen werde, schmälere in keiner Weise den Wert der Veranstaltung. Ob der Fernsehpreis denn noch wichtig sei, wird auch Schauspieler Charly Hübner gefragt. „Auf jeden Fall“, antwortet er.

Hübner hat sich auch in Schale geworfen: Wenn man bei Freunden eingeladen sei, ziehe man doch schließlich auch an, was man gerne möge. Ganz so auffällig wie das Kleid von Sophia Thomalla ist sein Anzug aber nicht. Sie kommt im bodenlangen, teils transparenten, teils mit Glitzersteinen besetzten Kleid. Dann verschwindet sie mit den anderen Gästen im Saal, wo es Dinner gibt statt Publikum.

Annette Frier nimmt's wie gewohnt mit Humor: „Wir haben auch vor, richtig gut zu essen.“ Das geht schnell, dann folgt die lange Liste der Nominierungen und Preisträger. „Tisch 66“, ruft Schöneberger. Aufstehen, bitte. Dann wird eine Trophäe nach der anderen für zahlreiche Kategorien in Unterhaltung, Information und Fiktion an die Tische gebracht.

Jonas Nay („Deutschland 83“ (RTL) und „Tannbach - Schicksal eines Dorfes“ (ZDF)) wird als bester Schauspieler geehrt und ist sichtlich gerührt. Vor einigen Jahren bekam er noch den Nachwuchspreis. „Das ist ein ausgewachsener Nachwuchspreis für mich“, sagt der 25-Jährige.

Am verdattertsten ist wohl der Kölner Enthüllungsjournalist Günter Wallraff, der schon zwei Tage vor der Vergabe von der Entscheidung erfuhr. „Ein Ehrenpreis fürs Lebenswerk, da erschrickt man erst mal. Ich hatte bislang gedacht, ich hätte mich nicht aufs Altenteil gesetzt“, sagt der 73-Jährige. Er sei es nicht gewöhnt, geehrt zu werden. Aber: „Vielleicht hab ich's sogar verdient.“

Schöneberger zweifelt bis zuletzt, was sie von der Neuauflage des Preises halten soll. „Ist der Fernsehpreis, so wie er in diesem Jahr stattfindet, jetzt wirklich das Non-Plus-Ultra, das Gelbe vom Ei?“, fragt sie, bevor sie als Show-Act auf die kleine Bühne steigt.

Zu einer Melodie von Udo Jürgens schmettert sie: „Ich weiß, was ich will, ich will den Fernsehpreis ganz groß und ganz schön, ich will ihn endlich wieder im Fernsehen sehen.“ Und: „Was trage ich hier... nuttige Schuh' und keiner schaut zu!“