Die Päpstin
Berlin (dpa) - Der Roman „Die Päpstin“ von US-Autorin Donna W. Cross ist ein Bestseller, der Millionen von Lesern gefesselt hat. Das gleichnamige Musical war in diesem Sommer ebenfalls ein großer Erfolg.
Und der Film von Regisseur Sönke Wortmann steht dem in Nichts nach: Über eine Million Zuschauer schauten sich das Historiendrama „Die Päpstin“ im Herbst 2009 auf der Leinwand an; gleich zum Start schoss der Film an die Spitze der Kino-Charts. Die ARD zeigt das 160 Minuten lange Epos um 20.15 Uhr als Erstausstrahlung im frei empfangbaren Fernsehen.
Wortmann („Das Wunder von Bern“) hat für den Film nicht an Ausstattung gespart: Hunderte handgenähte Kostüme wurden extra verschmutzt, um die Zeit des dunklen Mittelalters möglichst naturgetreu wiederzugeben. Er präsentiert Schlachtszenen mit rasselnden Schwertern und wiehernden Pferden, mittelalterliches Markttreiben und ärmliche Dorfhütten, die Kulissen von Rom - in Marokko nachgebaut. Daneben wurde in der Eifel und auf Burg Querfurt in Sachsen-Anhalt gedreht - alles wirkt opulent.
Doch am überzeugendsten ist „Die Päpstin“ selbst. Johanna Wokalek (36), die schon überzeugend die Gudrun Ensslin im RAF-Film „Der Baader Meinhof Komplex“ mimte, schlüpft hier wieder glaubhaft in eine historische Rolle, auch wenn diese kaum belegt ist. Denn die sagenhafte Johanna von Ingelheim, die im 9. Jahrhundert als Mann verkleidet den Heiligen Stuhl bestieg, ist vor allem eines: eine Legende.
Wokalek trägt den Film, ist androgyn genug für die Männerrolle und kann sich so glaubhaft von der Priestertochter zum Mönch mit Tonsur wandeln. Auch Hollywoodschwergewicht John Goodman („Roseanne“, „The Big Lebowski“) als gemütlicher Papst Sergius ist sehenswert in der historischen Emanzipationsgeschichte: Die kleine Johanna (Tigerlily Hutchinson und Lotte Flack) lernt gegen den Willen ihres Vaters lesen und schreiben. Im Kloster Fulda heilt sie als „Johannes“ mit Kräutern Kranke und verzückt später mit ihren Künsten in Rom den dicken, an Gicht leidenden Papst Sergius. Die junge Frau steigt in der Hierarchie immer höher, bis sie unfreiwillig zum Kirchenoberhaupt wird.
Experimente darf man in diesem Historienfilm nicht erwarten. Wortmann erzählt die Geschichte klassisch, ähnlich wie Tom Tykwer in „Das Parfum“. Auch kitschige Szenen fehlen nicht, so ist Johannas Liebesszene mit dem Grafen Gerold (David Wenham) am Bach in romantisches Mondlicht getaucht. Dazu gibt es brutal-blutige Szenen, wie man sie beispielsweise von den „Borgias“ gewöhnt ist.
Das Duo Wortmann/Wokalek schafft es aber, den Zuschauer über die mehr als zweieinhalb Stunden bei der Stange zu halten. Dabei waren beide gar nicht unbedingt erste Wahl. „Blechtrommel“-Regisseur Volker Schlöndorff sollte ursprünglich die Inszenierung übernehmen, Franka Potente war für die Titelrolle im Gespräch. Doch Schlöndorff wurde aussortiert, nachdem er die sogenannten Amphibienfilme kritisiert hatte - also Produktionen, die so gedreht werden, dass sie einerseits im Kino, aber auch als Fernsehmehrteiler funktionieren.
Solch ein Film ist nämlich auch „Die Päpstin“. Dem Zuschauer, der opulente Geschichtsepen mag, kann das egal sein. Die Ausstattung stimmt und das internationale Ensemble - Jördis Triebel als Johannas Mutter, Claudia Michelsen als eifersüchtige Ehefrau des Grafen und Anatole Taubman als Papst-Widersacher - macht seine Sache gut. So erhielt der Film denn gleich vier Nominierungen für den Deutschen Filmpreis - ein Erfolg, auch wenn er am Ende leer ausging.