Glamour und „Bunga-Bunga“ beim Wiener Opernball
Wien (dpa) - Das war dann wohl der Sturm im Champagnerglas: Charmant-zurückhaltend lächelnd sitzt Ruby in der Loge neben Richard Lugner. Keine Fehltritte, keine Star-Allüren, kaum Interview-Aussagen.
In ihrem schlicht geschnittenen gold-beigen Abendkleid gehört die 18-jährige Berlusconi-Bekannte zu den schönsten und elegantesten Damen am Donnerstag auf dem Wiener Opernball 2011. Weit nach Mitternacht wagt sie sich an der Seite ihres Gastgebers kurz auf die Tanzfläche - statt mit laszivem Hüftschwung („Ich kann nur Bauchtanz“) im vorsichtigen Standardtanzschritt.
Das angekündigte Kommen der gebürtigen Marokkanerin, die als Minderjährige an den berüchtigten „Bunga-Bunga“-Partys des italienischen Regierungschefs teilgenommen haben soll, hatte in Österreich einen Skandal ausgelöst. Der moralische Niedergang des „Staatsheiligtums“ Opernball wurde befürchtet. Die Organisatoren tobten.
„Sie ist uns natürlich willkommen, es wurde viel geschrieben“, zeigt sich Ballmutter Desiree Treichl-Stürgkh dann in der Staatsoper versöhnlich. Beim Tanzen sei Ruby sogar applaudiert worden, erzählt Lugner der österreichischen Nachrichtenagentur APA: „Soll noch einer sagen, sie wird ausgegrenzt.“ Und sie selbst kommentiert selig: „Der Ball ist großartig, Richard Lugner sehr lustig“.
Manch ein Journalist könnte den Opernball 2011 aufgrund fehlender Skandale fast ein wenig langweilig finden, so eine Kommentatorin des ORF vorsichtig. Der öffentlich-rechtliche Sender lässt trotz Zensuranweisung seines Programmchefs („Kein Nuttenball“) seine Kameras dann doch ab und zu auf den Skandalgast schwenken.
Sorgten in der Vergangenheit betrunkene Stars, Demonstrationen vor der Oper oder ein ewig über das Spektakel polternder Staatsoperndirektor Ioan Holender für Aufregung, üben sich 2011 alle in Harmonie. Die Staatsoper präsentiert sich prächtig mit weißen, grünen und zartrosa Anthurien aus Mauritius geschmückt, viele Ballroben sind dazu passend in Knallfarben wie Grün und Pink gehalten. Es sei wunderbar, er habe sehr viel Spaß, schwärmt der neue Staatsoperndirektor Dominique Meyer über seinen ersten Ball.
Mit einem Hochkultur-Programm geben er und Treichl-Stürgkh denen den Ball wieder zurück, für die er ursprünglich gedacht war: Den Künstlern der Staatsoper, die dann auch das Eröffnungskommando „Alles Walzer“ rufen. Erstmals in der Geschichte spielen die Wiener Philharmoniker bei dem Gesellschaftsspektakel. Sängerin Elina Garanca treibt mit einer Arie aus Samson et Dalila bei der Eröffnung ihrer zuhörenden Kollegin Anna Netrebko Tränen in die Augen, Ballett-Direktor Manuel Legris zeigt zu Johann-Strauß-Klängen ein Solo auf dem glatten Wiener Parkett. Als Überraschungsgast kommt Starpianist Lang Lang im Leihfrack. Er habe im Hotel zufällig ein Poster für den Ball gesehen: „Dann habe ich spontan gesagt, da muss ich hin.“
Das denken sich neben tausenden Besuchern, die pro Person 230 Euro für den Eintritt zahlen, auch Stars wie Musiker Bob Geldof und „Dallas“-Fiesling Larry Hagman. Netrebko im knallgrünen Tortenkleid und ihr Partner Erwin Schrott drehen sich begeistert auf dem Parkett: „Ich bin froh, dass ich nicht singen muss.“
Auch Wirtschaftsbosse und fast die gesamte österreichische Regierungsriege tanzt zu ihrem Staatsball an. „Es gehört schon zum Ball, dass aus allen Gesellschaftsbereichen Menschen zusammenkommen und man natürlich stolz auf Österreich ist“, lobt Bundeskanzler Werner Faymann. Der Künstler und Bruder von Udo Jürgens, Manfred Bockelmann, fasst den vielschichtigen Charakter des Society-Events etwas anders zusammen: Man wisse nie ganz genau, mit wem man auf dem Opernball gerade spreche - „es kann ein Nobelpreisträger oder ein Waffenhändler sein.“