Haarnest, Helm und Gummiband: Der Einfluss der Politikerfrisuren

Was in den Köpfen vorgeht, mag wichtiger sein - dennoch ist die Haartracht der US-Präsidentschaftskandidaten stets Gesprächsstoff. Das Aussehen solle man nicht unterschätzen, sagt ein Ex-FBI-Agent.

Seine Haare geben immer wieder Anlass zur Diskussion.

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Washington. Toupet oder nicht? Seit mehr als einem Jahr wird über Donald Trumps goldgelbe Haarpracht spekuliert und gespottet. Die „Washington Post“ fasste kürzlich die 100 besten Bezeichnungen von Trumps Haaren zusammen: Die Liste reichte vom „verlassenen Nest“ bis zum „Haarspray-Labyrinth“.

Um Hillary Clintons Haare ist es zwar gerade etwas ruhiger, doch auch ihre Frisuren sind immer wieder Gegenstand von Diskussionen. Vom Gummiband bis zum zerzausten Pferdeschwanz wurde die Demokratin für viele ihrer Stylings kritisiert.

„Haare beeinflussen die Meinungen von Menschen“, sagt Joe Navarro der Deutschen Presse-Agentur. 25 Jahre lang arbeitete der US-Amerikaner als FBI-Agent. „90 Prozent meiner Arbeit bestand darin, die Körpersprache zu analysieren. Auch Haare können kommunizieren“, sagt er. „Haare offenbaren sowohl die Gesundheit und den Status als auch den Gemütszustand der Person.“

Der New Yorker Starfriseur Martial Vivot, der sich auf Männer spezialisiert hat, schreibt: Niemals hätte er Trumps Frisur so ausgewählt! Er bezeichnet Trumps Schopf als „Johnny-Bravo-Frisur“, angelehnt an die semmelgelbe Figur aus einer gleichnamigen US-Zeichentrickserie.

„Anpassen oder nicht anpassen, das ist die entscheidende Frage“, sagt Ex-FBI-Agent Navarro. So wurden Albert Einsteins wirre Haare zu seinem Symbol - unangepasst. Trumps Frisur fällt ebenso aus allen Rastern. Auf Twitter versuchen zahlreiche Nutzer mit dem Hashtag #PostATrumpSelfie, seine Haartolle zu imitieren. Den Anfang machte Moose Allain im Februar - er legte sich drei Bananen auf den Kopf. Es folgten Wischmops, Katzen und Klopapierrollen.

Trump scheint der ganze Trubel um seine Haare wenig zu stören. Navarro sieht darin eine gelungene Taktik, ist die Frisur doch zu einem Markenzeichen des New Yorkers geworden.

Äußerlichkeiten waren für US-Präsidentschaftskandidaten nicht immer relevant. Einer der wichtigsten Präsidenten der amerikanischen Geschichte, Abraham Lincoln, bestach zumindest nicht mit seiner Schönheit. Als Wendepunkt gilt aber die erste im Fernsehen übertragene Wahldebatte in den 1960er Jahren, die ein junger und gebräunter John F. Kennedy für sich gewinnen konnte.

Gesprächsthema waren die Haare von Politikern auch im Ausland häufiger. Von Angela Merkels Frisuren-Wandel über Ex-Kanzler Gerhard Schröders Haarfarbe bis zur Haartransplantation des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi.

Navarro sagt, gutes Aussehen erhöhe auch in der Karriere die Chancen. „In Führungspositionen werden große Menschen favorisiert. Die Präsidentschaftskandidaten stehen im Fernsehen daher auch immer zwei Meter über dem Publikum.“

Trumps „Helm“ und Clintons Bob sind vom Image der Kandidaten kaum noch zu trennen. Selbst Starfriseur Vivot würde daher nicht unbedingt etwas an ihren Frisuren ändern wollen. Nur bei Trump juckt es den Stylisten dann doch in den Fingern: „Ich würde einfach gerne einmal durch seine Haare streifen und sehen, was man da alles herausholen könnte.“