Fernsehen Jauchs letzter Polittalk in der ARD
Berlin (dpa) - Sein letzter Talkgast macht es Günther Jauch alles andere als einfach. „Immer dieselben Themen“, beschwert sich Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) irgendwann kurz und kneift die Augen zusammen.
Nach mehr als vier Jahren gibt Jauch den Sessel des ARD-Polittalkers Nummer Eins in Deutschland ab - und zum Abschied hat er sich einen einzigen Gast in sein Berliner Studio geholt.
Jauch spricht mit Schäuble am Sonntagabend in der einstündigen Sendung über die Flüchtlingskrise, die Kanzlerin und sein politisches Leben. Die Stimmung: Entspannt, freundlich, aber Schäuble verteilt so seine Spitzen. Etwa, als ein Video vom CSU-Parteitag eingespielt wird, in dem Kanzlerin Angela Merkel abgewatscht wird.
„Herr Schäuble, was war das: Illoyal? Uncharmant? Unfair? Oder unverschämt?“, fragt Jauch. „Es war jedenfalls nicht sehr originell, diesen Beitrag für die Sendung vorzubereiten“, antwortet Schäuble. Es werde nicht besser, wenn jeder seinen Senf dazu gebe. Als Jauch es noch einmal versucht, wiegelt Schäuble erneut ab: „Ich weiß immer noch nicht, wo ich die Senfkörner finden soll, um mich auf die Debatte einzulassen:“
Für Günther Jauch war es die letzte Sendung in der ARD. Im Sommer hatte er bekanntgegeben, seinen Vertrag nicht verlängern zu wollen. Details nannte er nicht, lediglich, dass er die Verlängerung sowohl aus beruflichen als auch aus privaten Gründen nicht angenommen habe. Künftig konzentriert er sich auf seine Arbeit für den Privatsender RTL, wo er das Quizformat „Wer wird Millionär?“ moderiert.
Nicht zuletzt diese Rateshow hat ihm eine Beliebtheit beschert, von der viele TV-Macher nur träumen können. Günther Jauch gehört für viele Menschen heute zum deutschen Fernsehen dazu. Der 59-Jährige hat etwas vom Onkel von nebenan, kontert auch Schäubles Antworten an dem Abend stets höflich. Kritiker werfen ihm dagegen vor, in ihm stecke zu wenig politischer Journalist.
„Es war nur ein nettes Geplauder“, kritisiert Medienwissenschaftler Bernd Gäbler die letzte Sendung. Die beiden hätten „irgendwie über alles“ gesprochen - „ohne Struktur, ohne Vertiefung und erst recht ohne energisches Nachhaken des Moderators“, sagt Gäbler, der früher Chef des Grimme-Instituts war. Das Branchenportal Meedia schreibt bereits vor Jauchs Abschiedssendung, er sei nie „über das Niveau einer angezogenen Handbremse“ hinausgekommen.
Der Kritik konnte Jauch immer eines entgegenhalten: Seine Popularität beim Publikum. Seine Talkshow in der ARD schaffte stets passable Quoten, rund fünf Millionen Menschen schalteten die Gesprächsrunden nach dem „Tatort“ meist ein. Seine letzte Ausgabe schafft am Sonntagabend etwa 4,64 Millionen Zuschauer, das liegt für Jauchs Verhältnisse also im Mittelfeld.
Bei seinem Publikum bedankt sich Jauch dann auch am Ende. „Herzlichen Dank, dass Sie uns diese viereinhalb Jahre so wunderbar die Treue gehalten haben“, sagt er und bittet die Zuschauer, dieses Vertrauen auch seiner Nachfolgerin Anne Will entgegenzubringen - „die es wirklich verdient hat“. Will startet am 17. Januar auf dem Sendeplatz am Sonntagabend.
Seine Entscheidung, den Posten aufzugeben, scheint Jauch jedenfalls nicht zu bereuen. Am Schluss will er mit Schäuble darüber reden, ob der Politiker zur nächsten Bundestagswahl 2017 aufhören wird. Der Minister kontert: Er habe gehört, Jauch wolle die Sendung nicht mehr fortsetzen, sonst hätten sie das Gespräch in zwei Jahren führen können. Da muss Jauch noch einmal grinsen und sagt: „So verführerisch diese Antwort ist, sie könnte mich wiederum nicht verführen, die Sendung noch zwei Jahre länger zu machen.“