Lena mit Elektropop-Song beim Grand Prix
Köln (dpa) - Nix mehr Li-La-Lena. Die Vorjahressiegerin präsentiert sich am 14. Mai beim Eurovision Song Contest in Düsseldorf mit einem eher düsteren Elektropop-Song.
Ein Lied „von einem anderen Stern“, wie es der Juror Adel Tawil (Ich + Ich) ausdrückte. Klassische Grand-Prix-Kost ist „Taken By A Stranger“ jedenfalls nicht.
Stefan Raab meint: „Wir haben einen Song, der den Rest von Europa schocken wird.“ Nach seinen Worten ist der Titel „der Stefan Effenberg unter den Popsongs“ - er polarisiert. Entweder man mag ihn oder nicht. Und die Erfolgschancen? „Ich glaube wirklich, dass wir damit eine außerordentliche Chance haben.“ Lena gibt sich bescheidener: „Ich denke, das ist eine gute Voraussetzung dafür, dass wir nicht Letzter werden.“
Der Titel stammt von den Amerikanern Nicole Morier und Gus Seyffert aus Los Angeles sowie von der in London lebenden Norwegerin Monica Birkenes. Die Suche danach hat drei abendfüllende Shows in Anspruch genommen und viel Blut, Schweiß und Gähnen gekostet. Die Sendung am Freitagabend hatte die schlechteste Einschaltquote eines Grand-Prix-Vorentscheids seit 1998: 3,25 Millionen Zuschauer (Marktanteil: 10,1 Prozent).
Erst gegen Ende des Finales erlahmte die Schlafkraft manches Fernsehzuschauers, und die Dauer-Lena-Sendung gewann ein wenig an Fahrt. Im Stechen gegen „Push Forward“ setzte sich „Taken By A Stranger“ klar mit 79 Prozent der Zuschauerstimmen durch. Raab und seine Mitstreiterinnen Barbara Schöneberger und Adel Tawil hatten das ARD-Fernsehpublikum zuvor aber auch x-mal aufgefordert, für eben diesen Titel zu stimmen.
„Das ist halt die Nummer, die nimmt einen einfach mit“, schwärmte Raab. „Die ist, wie wenn man eine Wasserbombe in eine Oma-Bridge-Runde reinwirft.“ Schöneberger - die eine witzige und fachkundige Jurorin abgab - meinte treffend: „Man hat immer das Gefühl: Gleich passiert was, gleich knallt sie durch, die Alte.“
Raab hatte die ganze Zeit das „Supertalent“-Finale von 2009 als Horrorvision im Kopf: Dabei hatten die Fernsehzuschauer trotz gegenteiligen Flehens Dieter Bohlens einen Hundedresseur zu Deutschlands größtem Talent gewählt. Der Vermarktungswert war gleich null. Bei der ruhigen Piano-Ballade „Push Forward“ befürchtete Raab einen ähnlichen Reinfall. Als „Taken By A Stranger“ dann das Rennen gemacht hatte, war er einen Moment fleischgewordene Demut: „Vielen Dank, echt...“
Dabei hätte man fast vergessen können, dass Raab ja auch noch zwei eigene Kompositionen unter den letzten sechs Liedern hatte, die am Freitag zur Auswahl standen. So unengagiert in eigener Sache hat man ihn noch selten erlebt. Wollte er nach all der Kritik der vergangenen Wochen seine Unabhängigkeit als Jurypräsident unter Beweis stellen? Dachte er an die Moderation des Eurovision Song Contest, die er hätte aufgeben müssen, wenn er selbst mit einer Komposition teilgenommen hätte? Oder ging es ihm einfach nur um die besten Chancen für Düsseldorf? Vermutlich spielte von allem etwas mit.