Öffentlich-rechtliche Sender wollen mehr Gebühren
Berlin/Köln (dpa) - Die ARD braucht für die kommende Gebührenperiode von 2013 bis 2016 nach eigenen Berechnungen rund 900 Millionen Euro mehr.
Diesen Betrag habe sie bei der zuständigen Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) angemeldet, teilte die geschäftsführende Anstalt, der Westdeutsche Rundfunk (WDR), am Donnerstag mit. Der WDR bestätigte damit entsprechende Presseberichte. Bislang nimmt die gesamte ARD über Gebühren jährlich rund 5,5 Milliarden Euro ein. ARD und ZDF sehen sich wegen ihrer Ausgabenpraxis und Gebührenforderungen wachsender Kritik ausgesetzt.
Dieser Bedarf sei geringer als der, den die KEF für die laufende Gebührenperiode anerkannt habe, hieß es weiter. Pro Jahr entspräche die aktuelle Anmeldung einer Anpassung von 1,1 Prozent, bliebe damit also deutlich unter der allgemeinen Kostensteigerung. Hierbei handele es sich um die niedrigste Rate, die von der ARD jemals angemeldet wurde. Angesichts der vom ZDF angegebenen Zahlen bewege sich die ARD - gemessen an ihrer Größe - deutlich unterhalb des ZDF, das für die kommende Gebührenperiode 429 Millionen Euro mehr beantragt hat.
Die ARD-Vorsitzende Monika Piel erklärte, die Anpassung bewege sich unterhalb der langfristigen Inflation. „Wir stellen uns somit für die kommende Beitragsperiode auf ein reales Minus ein“, sagte sie weiter. „Im Interesse des Gebührenzahlers müssen und werden wir unseren konsequenten Spar- und Konsolidierungskurs auch in Zukunft fortführen. Ich gehe davon aus dass der Beitrag bis mindestens 2014 und damit sechs Jahre lang stabil bleiben wird. Die Entscheidung darüber liegt aber allein bei der KEF.“
Das würde für den Verbraucher bedeuten, dass die monatliche Gebühr bis 2014 bei 17,98 bliebe. Ein Mehraufkommen für die öffentlich-rechtlichen Sender von 1,47 Milliarden Euro (neben ARD und ZDF haben auch Deutschlandfunk und Arte insgesamt 135 Millionen Euro Mehrbedarf gemeldet) in der kommenden Gebührenperiode hätte jedoch zur Folge, dass jeder Haushalt mit etwa 88 Cent pro Monat mehr dabei wäre. Nach ARD-Angaben vom Mittwoch hatte die KEF jedoch bereits signalisiert, dass ein höherer Beitrag nicht infrage komme.
Auch ZDF-Intendant Markus Schächter sprach wie Piel von „Stabilität“. Er sagte: „Die Anmeldung enthält keine neuen Programmvorhaben oder sonstige neuen Projekte und entspricht damit der Zusicherung des Senders, im Rahmen des Programmauftrags zurückhaltend zu planen. Mit einer durchschnittlichen jährlichen Steigerungsrate von 1,3 Prozent liegt die Anmeldung unter der allgemeinen Inflationsrate und bedeutet damit faktisch eine Reduzierung der Substanz. Schon in der laufenden Gebührenperiode habe das ZDF Einsparungen in Höhe von 800 Millionen Euro erbracht.“
Unsicher ist die Gebührenentwicklung wegen der neuen Erhebungsmethode ab 2013. Dann werden alle Haushalte zur Kasse gebeten und nicht mehr nur die mit Rundfunkempfang. Der neue Rundfunkstaatsvertrag, der die Umstellung auf die Haushaltsabgabe vorsieht, ist jedoch erst von sieben Länderparlamenten verabschiedet worden und könnte nun in den verbleibenden Bundesländern aufgrund der Mehrforderungen ARD und ZDF für Zündstoff sorgen.
Im Laufe des Donnerstags nahm die Zahl der kritischen Stimmen zu. „Diese Zahlen zeugen von einem völligen Realitätsverlust der gebührenfinanzierten Anstalten und im Besonderen beim ZDF“, kritisierte Jürgen Doetz, Präsident des Interessenverbands der Privatsender (VPRT). Die „Gebührenforderungen der Öffentlich-Rechtlichen sind unangebracht, unpassend und unangemessen“, rügte der medienpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Wolfgang Börnsen. Sein FDP-Kollege, Burkhardt Müller-Sönksen, sprach von einer „dreisten Selbstbedienungsmentalität der Intendanten“.
Die ARD forderte unterdessen „mehr Sachlichkeit“ in der Gebührendebatte und bekam Rückendeckung vom Deutschen Journalistenverband (DJV). „Die Rundfunkgebühren müssen so bemessen sein, dass alle öffentlich-rechtlichen Sender ihren Programmauftrag in vollem Umfang erfüllen können“, sagte DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken. „Es ist zweifelhaft, dass die Sender nach den eher bescheidenen Zuwächsen der letzten Jahre Preissteigerungen ohne höhere Rundfunkgebühren weiterhin auffangen können.“