Patricia Schlesinger wird die neue RBB-Intendantin

Potsdam/Berlin (dpa) - Sie hat keinen eigenen Twitter-Account, aber viel Durchsetzungskraft. Patricia Schlesinger wird zum 1. Juli die neue starke Frau beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB).

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Einer der ersten Sätze der langjährigen NDR-Journalistin nach ihrer Wahl lautet: „Ich übernehme in einer Zeit, in der es eigentlich aufwärts gehen kann, aufwärts gehen sollte.“ Die 54-Jährige kommt zur Jahresmitte zu dem Sender mit so mancher Baustelle.

Während die Radiostationen gute Hörerzahlen einfahren, ist das RBB-Fernsehen quotenmäßig ein Sorgenkind. Die TV-Marktanteile im eigenen Sendegebiet sind so schwach wie bei keinem anderen ARD-Sender: 6,3 Prozent waren es im vergangenen Jahr. Die Werte für das erste Quartal dieses Jahres: mit 5,7 noch etwas schwächer. Zudem hat der RBB wie andere Öffentlich-Rechtliche schwer an den Ausgaben zur Altersversorgung ehemaliger Mitarbeiter zu schultern. Weiterhin muss Schlesinger das Zusammenwachsen der Zwei-Länder-Anstalt vorantreiben, die den Spagat zwischen Millionenmetropole und flachem Land sucht.

Die Wahl Schlesingers durch den Rundfunkrat war kein Selbstläufer. Sechs Wahlgänge waren nötig. Wie aus gut informierten Kreisen zu erfahren ist, gab es zeitweise ein Patt zwischen ihr und ihrem starken Mitbewerber Theo Koll, der das ZDF-Studio in Paris führt. Nach fast fünf Stunden bekam sie dann doch die nötige Zweidrittelmehrheit. Nun wird sie Hausherrin im drittkleinsten ARD-Sender mit 2000 Mitarbeitern.

Als Schlesinger schließlich im Blitzlicht-Gewitter stand, wirkte sie glücklich und erleichtert. Mehrfach betonte die künftige Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB), sie wolle noch nichts Genaues zu ihren Plänen für den Sender sagen. Schließlich habe er bis zum 30. Juni mit Dagmar Reim eine ausgezeichnete Führung. Aber: Sie schaue der Aufgabe „mit großer Spannung, mit großer Freude“ entgegen. „Ich hoffe, wir werden gemeinsam sehr stark dafür werden, dass der RBB noch stärker wird, dass das Programm noch besser wird.“

Schlesinger hat sich schon an vielen Orten bewährt. Hamburg, Singapur, Washington und zurück in die Hansestadt - seit fast drei Jahrzehnten arbeitet sie für den Norddeutschen Rundfunk (NDR). Als Leiterin des Programmbereichs Kultur und Dokumentation prägt sie seit 2007 das Programm - von Doku-Dramen über die Oscar-prämierte NDR-Koproduktion „Citizenfour“ über Edward Snowden bis zu aufwendig gedrehten Tierfilmen und Kultur- oder Kochsendungen.

Die in Hannover geborene Journalistin mit Ost-West-Familiengeschichte gilt als meinungsstark und durchsetzungskräftig. Immer wieder habe sie auch unangepasste Kollegen ins Team geholt und außerdem gezielt Frauen gefördert, heißt es. „Neugierde. Übergroße Neugierde. Alles mitbekommen, alles verstehen wollen“, begründete Schlesinger einmal im „Hamburger Abendblatt“ ihre Motivation, Journalistin zu werden. „Als Journalistin kann ich das, was ich verstanden habe, auch noch anderen Menschen erklären. Was für ein Privileg!“ Schlesinger ist mit dem Journalisten Gerhard Spörl verheiratet, mit dem sie eine 16-jährige Tochter hat. Privat reist, taucht und liest die Journalistin leidenschaftlich gern.