Sloterdijk: Der freie Geist soll reden
Berlin/Karlsruhe (dpa) - Seit dem 20. Januar 2002 gibt es die ZDF-Talkshow „Das Philosophische Quartett“. Der Philosoph Peter Sloterdijk (64) und sein Kollege Rüdiger Safranski (67) bitten sechsmal im Jahr zwei Gäste zu sich in die Sonntagabendsendung.
Im Interview der Deutschen Presse-Agentur zieht Peter Sloterdijk zum zehnjährigen Bestehen eine Bilanz und verrät zum Beispiel, warum er Angela Merkel nicht einladen würde:
Herr Prof. Dr. Sloterdijk, zehn Jahre gibt es Ihre Gesprächssendung „Das Philosophische Quartett“ jetzt schon. Haben Sie beim Start im Januar 2002 damit gerechnet, dass Sie so lange auf Sendung bleiben?
Sloterdijk: „Als wir mit diesem Experiment begonnen haben, war unsere erste Vermutung nicht die Langlebigkeit. Es hat sich aber gezeigt, dass eine Sendung dieses Typs eine Lücke aufgewiesen hat im übrigen Sendeschema. Ich glaube, dass die Langlebigkeit des "Philosophischen Quartetts" tatsächlich die Widerspiegelung dieses Bewusstseins ist. Das ZDF hat ja aufs Ganze gesehen in den letzten zehn Jahren viel getan, um den Wettbewerb mit den privaten Sendern zu bestehen. Und es war vermutlich immer auch froh darüber, einige Programmpunkte vorweisen zu können, die beweisen, dass man den allgemeinen Bildungsauftrag, den allgemeinen Aufklärungsauftrag und insbesondere natürlich auch den Niveau-Auftrag nicht ganz vergessen hat.“
Einige Diskutanten haben Sie schon mehr als einmal begrüßt. Gibt es nicht genügend mögliche Gäste für Ihr philosophisches Format? Und vor allem: die meisten Gäste waren Männer...
Sloterdijk: „Es ist immer gut, wenn man eine Besetzung zustande bringt mit Leuten, die eine feuerfeste Medientauglichkeit mitbringen. Und da ist die Auswahl nicht übergroß. Gerade auch auf der weiblichen Seite haben wir in all den zehn Jahren immer auch ein bisschen gelitten und Mangel gehabt. Kaum jemand dürfte so viel - auch bei frauenfreundlichen Prämissen - und so ernsthaft und so gutwillig darüber nachgedacht haben, wie wir denn den Anteil weiblicher Gäste in der Sendung sinnvoller erhöhen könnten.“
Wie wäre es eigentlich beim Thema Europa zum Beispiel mit Bundeskanzlerin Angela Merkel als Gast?
Sloterdijk: „Wir haben eine Spielregel, dass aktive Politiker bei uns kein Forum haben. Deswegen war Joschka Fischer für uns gelegentlich ein willkommener Gast, weil er zwar noch die Aura des aktiven Politikers nicht ganz verloren hat, aber schon wieder die Redefreiheit des Mannes ohne Amt zurückgefunden hat. Und das sagt auch etwas über die basale Philosophie dieser Sendung aus. Denn: Wir sind immer auf der Suche nach Personen, durch die der freie Geist redet und nicht nur der Funktionsträger.“