Klassisches Casting Suche nach dem Lena-Feeling- Der ESC-Vorentscheid

Köln (dpa) - Deutschland und der Eurovision Song Contest (ESC), das war zuletzt eine schwierige Beziehung. Letzter Platz 2015, letzter Platz 2016. Kann es schlimmer kommen? Das bedeutet aber zugleich, dass es in diesem Jahr eigentlich doch nur nach oben gehen kann.

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Wer die Mission Wiedergutmachung antreten darf, entscheidet sich am Donnerstag (9. Februar, 20.15 Uhr, Das Erste), beim deutschen ESC-Vorentscheid in Köln.

Nachdem 2016 eine kunterbunte Mischung aus oft schon etablierten Musikern und Bands um das Ticket buhlen durfte, kehrt der zuständige NDR dieses Jahr zu einem klassischen Casting zurück. Es gab offenes Vorsingen in Köln und Hamburg, zudem ein Online-Bewerbungsverfahren. Gesucht wurden ausdrücklich Einzelkünstler, keine Bands. Nach und nach fand man so fünf junge Musiker, die nun gegeneinander antreten.

Die Namen dürften höchstens Experten etwas sagen. Ins Rennen gehen Yosefin Buohler (21), Axel Maximilian Feige (28), Felicia Lu Kürbiß (21), Isabella „Levina“ Lueen (25) und Helene Nissen (20). Der neue ESC-Jahrgang bringt hier und da bereits Casting-Erfahrung mit, Felicia Lu Kürbiß etwa stand im Finale von „Rising Star“. In dieser Altersklasse von Musikern heißt das aber eigentlich nichts, mittlerweile wurde gefühlt ja schon halb Deutschland durchgecastet. Mit einem riesigen Bekanntheitsvorsprung kann jedenfalls keiner der Kandidaten auftrumpfen. Das heißt: gleiche Ausgangsbedingungen.

Hinzu kommt, dass auch der Song, den der Gewinner oder die Gewinnerin beim ESC im ukrainischen Kiew (13. Mai) singen wird, bereits geschrieben ist. Er heißt entweder „Perfect Life“ oder „Wildfire“, beide Titel stammen aus der Feder ausländischer Komponisten. Im Vorentscheid muss das Publikum nicht nur den besten Kandidaten bestimmen, sondern auch den besseren der beiden Songs. Das macht das Verfahren etwas kompliziert, soll aber dazu führen, dass diesmal mehr herausspringt als der letzte Platz, den Jamie-Lee Kriewitz 2016 in Stockholm einfuhr. Auch die hatte einst mit „The Voice of Germany“ ein Casting gewonnen, konnte davon aber international nicht profitieren.

Wer bei all dem leise den Namen „Lena Meyer-Landrut“ im Innenohr zu hören glaubt, liegt wohl nicht ganz falsch. Die bislang letzte deutsche ESC-Gewinnerin ist für die diesjährige Auswahl in mehrfacher Hinsicht relevant. Zum einen, weil sie eben damals - vor ihrem Sieg 2010 - auch in einem ESC-Casting gefunden worden war und anschließend eine Art Blaupause lieferte, wie aus einem unbeschriebenen Blatt ein europäisches Phänomen werden kann. Zudem stammte auch ihr Hit „Satellite“ von einem internationalen Komponisten-Gespann. Das diesjährige Verfahren klingt ganz ähnlich.

Klar ist aber auch: 2017 ist nicht 2010. Erfolgreiche Formeln funktionieren oft einmal und dann nie wieder. Die Schweden beispielsweise mühten sich regelmäßig daran ab, ein zweites Abba zu entdecken. Der deutsche Teilnehmer müsste wohl mehr zu bieten haben, als ein Lena-Wiedergänger zu sein.

Darüber befinden kann übrigens jemand, der die entsprechende Kompetenz für den Lena-Faktor mitbringt. Lena Meyer-Landrut sitzt praktischerweise selbst in der Jury des Vorentscheids, zusammen mit Volksmusik-Moderator Florian Silbereisen und Sänger Tim Bendzko. Allerdings nur in kommentierender Rolle - so wie beim Lena-Casting 2010. Die Entscheidung liegt allein bei den Zuschauern.