Protestantischer Festtag Was der Reformationstag bedeutet

Samstag vor 498 Jahren veröffentlichte Martin Luther seine Thesen. Wir zeigen, wie der Protestantismus ins Rheinland kam.

Foto: Uwe Schinkel

Düsseldorf. Manche Katholiken wissen über den 31. Oktober nur, dass es der Tag vor Allerheiligen ist. Und für viele jüngere Menschen ist es der Tag des nordamerikanisches Gruselfests Halloween, das dem Reformationstag seit knapp zwei Jahrzehnten auch bei uns die Schau stiehlt.

Vordergründig geht es bei dem protestantischen Festtag um die Erinnerung an einen Mönch, der 1517 ein Stück Papier an eine Kirchentür genagelt haben soll und so die Reformation einleitete. „Luthers 95 Thesen gegen den Ablasshandel waren der Beginn einer ständigen Veränderung der Kirche“, sagt Martin Engels. Für ihn ist der Reformationstag auch eine Art Countdown. Engels ist Projektleiter des Reformationsjubiläums im Landeskirchenamt. Samstag in zwei Jahren jährt sich der Beginn der Reformation zum 500. Mal.

Zwischen Niederrhein und Bergischem Land brauchte der Protestantismus etwas länger als an manchen anderen Orten, um sich zu etablieren. „Das Rheinland ist nicht gerade das Kerngebiet der Reformation“, sagt Engels und lacht. Anders als im Rest des Landes ging die Reformation hier nicht von Mitteldeutschland aus, sondern kam von Westen über den Rhein. „Zunächst waren es reformierte niederländische Religionsflüchtlinge, die an den Niederrhein flohen“, sagt Engels. Verfolgt von der Inquisition, ließen sie sich in der bis heute katholischen Region nieder.

Wesel und Duisburg waren erste Zentren der reformatorischen Bewegung, aber auch in Rheydt gab es eine kleine Gemeinde. Versprengte Häuflein, die über die Jahrhunderte gewachsen sind. Später vor allem im Bergischen Land. Dass sie toleriert, aber nicht gerade gefördert wurden, bezeugen heute noch die Gotteshäuser aus der Zeit. „Das waren die klassischen Hinterhofkirchen, die man von der Straße aus nicht sieht“, sagt Engels. In der Düsseldorfer Altstadt sind das zum Beispiel die Berger Kirche, die nur findet, wer sie bereits kennt, oder die Neanderkirche, die weit zurückgesetzt von der Straße steht.

Im Rheinland trafen auch die verschiedenen reformatorischen Bewegungen — Calvinisten und Lutheraner — aufeinander. Beide Strömungen sind hier bis heute lebendig. Die evangelische Kirche im Rheinland ist eine unierte Kirche, die beide Traditionen verbindet.

Im Dritten Reich versuchte die nationalsozialistische Bewegung der „Deutschen Christen“, die evangelische Kirche linientreu und antisemitisch umzubauen. Unter anderem wollten sie den jüdischen Ursprung des Glaubens, das Alte Testament, tilgen. Die Gemarker Kirche in Wuppertal-Barmen ist der Ort, an dem Protestanten 1934 versuchten, dem Irrsinn eine Grenze zu setzen. In der „Barmer Theologischen Erklärung“ fassten sie in sechs Thesen zusammen, was die Grundlage ihrer Kirche ist — und was eben nicht.

„Sie schließt mit den Worten: Das Wort Gottes bleibt in Ewigkeit — das ist der reformatorische Gedanke in Brühwürfelform“, sagt Martin Engels. Die Erklärung wird schließlich das Gründungsdokument der „Bekennenden Kirche“. Auch in ihrem Widerstand bleiben sie protestantisch. Getreu dem Motto „es gibt die Ordnung der Kirche und es gibt die Ordnung des Staates“, ruft die „Bekennende Kirche“ nie offiziell zum Widerstand gegen das NS-Regime auf.

„Wenn wir am Reformationstag auf die Geschichte unserer Kirche zurückblicken, ist das nicht nur ein Jubelfest. Es ist auch eine Geschichte von Schuld, Irrtümern und falschen Wegen“, sagt Engels. Das ist die zweite, vielleicht wichtigere Bedeutung des Reformationstag. Die Selbstverortung: Was war der reformatorischen Bewegung wichtig und wo steht sie heute?