Serie Unterwegs auf der Kaygasse, an Zint Jan und im Ferkulum
Köln · Die Ursprünge des Kölner Griechenviertels, das unweit des Neumarkts liegt, gehen bis in das 10. Jahrhundert zurück. Im Gefolge der Kaiserin Theophanu, der Gemahlin Ottos II., siedelten sich an diesem Ort griechische Gelehrte und Handwerker an, die sich im Laufe der Zeit in die Kölner Stadtgesellschaft integrierten.
Noch heute erinnert die Bauweise der romanischen Kirche St. Pantaleon, wo Theophanu beigesetzt wurde, an das griechische Erbe Kölns. Straßennamen wie der Große Griechenmarkt sind bis heute erhalten geblieben. Dort findet sich auch eine Gedenktafel für den berühmten Komponisten Jacques Offenbach, der in diesem Veedel geboren worden ist.
Vom Großen Griechenmarkt zweigt auf Höhe des Hotels Wasserturm die Kaygasse ab. Berühmt wurde diese durch das Lied „In der Kaygaß Nummer null“ von den Vier Botze. Die Schule im Lied und ihren Lehrer Welsch gab es übrigens wirklich – eine Bronzeplatte an einem Wohnhaus erinnert an die Lehranstalt. Der Straßennamen selbst geht zurück auf eine mittelalterliche Familie Keige, auch Keie oder Keye geschrieben. Wallraf machte bei der Neubenennung daraus die „Rue des Crieurs“, die „Straße der Schreihälse“ und dachte dabei an das kölsche Wort „kaie“, das für laute Klagereden steht. Vom Großen Griechenmarkt zweigt auch die Kämmergasse ab, wo die Wollkämmer im Mittelalter ansässig waren. Sie bereiteten die Wolle zum Vorspinnen vor.
Bevor es über den Waidmarkt und die Severinstraße beim kleinen Stadtspaziergang in Richtung Südstadt geht, fallen noch zwei besondere Straßennamen in der Umgebung auf. Dazu gehört, südlich von der Kaygasse gelegen, die „Alte Mauer am Bach“, die sich auf eine römische Stadtmauer am Duffesbach bezieht. Am Anfang des Großen Griechenmarktes liegt die Straße mit dem markanten Namen „Krummer Büchel“. Dort wölbte sich am Südrand des von den Römern genutzten Stadtplateaus ein kleiner Hügel, ein Büchel, über den der Weg entsprechend krumm verlief.
Nun geht es zum Waidmarkt, wo früher das Polizeipräsidium seinen Platz hatte. Der Waid ist eine im Jülicher Land angebaute Färberpflanze, die auf diesem Markt für die Färber vom nahe gelegenen Blaubach gehandelt wurde. An der Patronatskirche St. Jakob gab es eine Waidhändlerbruderschaft. Das Kölner Blau besaß einen internationalen Ruf. Blau gefärbt wurde das bergische Leinenzeug, aus dem dann die Bauernkittel geschnitten wurden, wie man sie vom kölschen Tünnes kennt. Der Brunnen vor dem Eingang zur Kirche St. Georg ist dem hl. Hermann Josef gewidmet. Vom Waidmarkt geht es jetzt an der Löwengasse vorbei. Bereits 1233 hatte diese kleine Straße den Namen „in platea leonis“. Den Ursprung hat der Name im Haus „Zum roten Löwen“. An gleicher Stelle hatte lange das Comedia-Theater sein Sitz, das sich heute in der alten Feuerwache an der Vondelstraße befindet.
Nach der Brücke über die KVB-Gleise zweigt in Richtung Rhein die Spielmannsgasse ab. Auch hier hat sich Wallraf bei den Straßennamen vertan. Er machte aus der Gasse der Spielleute die Gasse der Garnspuler. So entstand der französische Name Rue de Bobineuers, die Spulmannsgasse. Dabei waren es tatsächlich Unterhaltungskünstler wie Heinrich der Fiedler, die dort lebten. Nach den Überlieferungen gab es an der Gasse auch so etwas wie einen „Campingplatz“ für reisende Spielleute.
Markant ist an der Gasse das Denkmal für den hl. Severin vor der Kirche St. Johann Baptist, der auf die Auffahrt der nach ihm benannten Brücke blickt. Geschaffen wurde die Skulptur aus 20 Tonnen weißem Marmor Ende der 60er Jahre vom Bildhauer Elmar Hillebrand. Der Name des benachbarten kleinen Platzes An Zint Jan mit dem Weberbrunnen der Bildhauerin Elisabeth Baumeister-Bühler bezieht sich auf den kölschen Namen der Pfarrkirche St. Johann Baptist. Die Inschrift am Brunnenrand erinnert an den Tuchhändler und Bürgermeister Anton von Siegen. Die Schiffskonturen des Brunnens erinnern an die Schiffchen der Webstühle.
Zu den kürzesten Kölner Straßennamen zählt wohl „Im Dau“ an der Severinstraße. Der Name stammt vom Hof „Zum Dauwe“, der 1344 erstmals erwähnt wurde. Der Orden der Unbeschuhten Karmeliter errichtete an seiner Stelle ein Kloster mit Kirche, das bis 1802 bestand. Später wurde das Dau-Kloster zur Unterkunft für französische Veteranen und zum preußischen Proviantamt. 1911 brach das Gebäude bis auf die Kirche ab, während das Gotteshaus als Turnhalle genutzt wurde. Heute ist auch dieses nach den schweren Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg verschwunden. Sehenswert an der Straße ist der stillgelegte Hänneschen-Brunnen aus Travertin, der 1914 von Simon Kirschbaum geschaffen wurde. Er erinnert an Magdalena Klotz, einer Enkelin des Gründers des Hänneschen-Theaters.
Auf dem Weg zum Chlodwigplatz fallen noch zwei Straßennamen auf. Dazu gehört das schmale Hirschgässchen. Rotwild sucht man dort allerdings vergeblich, auch Fachgeschäfte für Wildfleisch sind dort nicht zu finden. Nur ein Steuerberater wirbt mit einem Hirschgeweih. Vermutet wird, dass die Patrizierfamilie Hirzelin, die im Wappen ein rotes Hirschgeweih führte, mit dem Südstadtgässchen in Verbindung steht.
Ebenso merkwürdig wie tierisch mutet die Straße „Im Ferkulum“ an. Der Name hat aber nichts mit Schweinen oder Ferkeleien zu tun. Er geht auf das lateinische Wort „fericulum“ zurück, auf das Traggestell, mit dem die dem Stift St. Severin zinspflichtigen Bauern ihre Zehnten herbei trugen. Einen Blick wert sind die Sarkophage, die hinter der Kirche St. Severin zu sehen sind. Die Straße mündet am Brauhaus Früh „Em Veedel“, das bei kühlem Kölsch und deftigen Speisen zu einer Rast einlädt.
Zum Finale geht es nun über den Chlodwigplatz, mit seiner mächtigen Severinstorburg vorbei in Richtung Ubierring. Chlodwig war übrigens einer der bekannten Merowingerkönige, die zwischen Römern und dem Kaisertum Karl des Großen am Rhein gewesen waren. Einen letzten Abstecher wert ist die Straße „An der Bottmühle“, wo zwischen 1550 und 1552 eine Wehr- bzw. Wallplattform („Bott“) errichtet wurde. Diese wurde später von der Stadt zunächst zu einer hölzernen und im 17. Jahrhundert zu einer steinernen Windmühle, der Bottmühle, umgebaut. Seit 1970 im viergeschossigen Turm die „Die Falken“ ihren Sitz.