„Wetten, dass..?“ ist begraben - das Leben geht weiter
Nürnberg (dpa) - Das war's. „Wetten, dass...?“ ist Geschichte. Nach fast 34 Jahren hieß es am Samstag zum letzten Mal „Top, die Wette gilt“.
Mit Deutschlands berühmtester Fernsehshow geht eine Ära zu Ende, in der noch ganze Familien gemeinsam vor dem Fernseher saßen. Moderator Markus Lanz sagte, die Sendung habe TV-Geschichte geschrieben. Er verabschiedete sich in Nürnberg mit den Worten „Machen Sie's gut, das Leben geht weiter - Wetten, dass..?“.
Die 215. und letzte Ausgabe des ZDF-Unterhaltungsklassikers schalteten mit 9,27 Millionen Menschen noch einmal fast doppelt so viele Zuschauer ein wie bei den vergangenen Ausgaben. Emotionaler Höhepunkt war der Auftritt von Samuel Koch, der seit einem Unfall bei seinem Auftritt als Wettkandidat vor vier Jahren querschnittsgelähmt ist.
Das gesamte Publikum im Saal erhob sich von den Stühlen, als der 27-Jährige im Rollstuhl auf die Bühne fuhr. „Ich kann nicht behaupten, alles hat den und den Sinn“, sagte Koch auf Lanz' Frage, ob er etwas Sinnhaftes in seinem Unfall habe erkennen können. Er versuche, „dem Ganzen an Un-Sinn zu nehmen“, indem er sich für andere einsetze. Über Lanz' Nachfrage, wie es ihm gehe - eine Frage, die sich viele stellen -, ging Koch lieber schnell hinweg.
Markus Lanz zeigte nach der Sendung Verständnis, dass Koch nicht auf die abgesprochene Frage reagierte. „So ein Auftritt ist schwierig.“ Er habe jedoch großen Respekt vor dem 27-Jährigen. „Das ist eine ungeheure Leistung, dass jemand, dem so etwas widerfahren ist, sich so zurückkämpft ins Leben.“
Die spannendste Wette war Jakob Vöcklers spektakulärer Stunt an einem Parkhaus am Nürnberger Flughafen. Moderiert wurde die Außenwette noch einmal von Komiker Olli Dittrich. Den Zuschauern stockte der Atem, als der Parcours-Läufer Vöckler schneller an dem Parkhaus rauf und runter kletterte als Rallye-Weltmeister Sébastien Ogier hinauf und wieder hinunter fahren konnte. Vöckler wurde daher am Ende auch Wettkönig.
Der Rest der Wetten war weniger spektakulär, aber doch pfiffig. So hängte etwa ein Cheerleader-Team Wäsche an einer fünf Meter hohen Leine auf, der blinde Dave Janischak konnte per Echo-Ortung ein großes Puzzle zusammensetzen, und der Bankfachwirt Thomas Egold zählte bei einem vorgelesenen Text blitzschnell die einzelnen Buchstaben.
Außer Konkurrenz war wie immer die Kinderwette. Der siebenjährige Paul Altmaier erkannte Hunde daran, wie sie ihm Leberwurst von der Hand schleckten - „zart“ oder „wild“, wie der Junge erklärte. Elton, bekannt als Stefan Raabs Dauerassistent, musste sich hinterher von einem Hund die Wurst von der Wange schlabbern lassen - der mit Abstand fieseste Wetteinsatz.
Ansonsten war die letzte „Wetten, dass..?“-Ausgabe vor allem eine Show der Rückblicke. Die schönsten Wetten, die emotionalsten Momente, die größten Stars und die lustigsten Pannen - etwa Schauspieler Götz George, der sich schlecht benahm, Sängerin Sarah Connor in einem Hauch von Nichts oder die gefälschte Buntstiftwette, bei der ein „Titanic“-Redakteur unter der Brille hindurchschielte, anstatt die Stifte an ihrem Geschmack zu erkennen. Die ein oder andere Spitze konnte sich Lanz nicht verkneifen. „Das Kleid war irgendwo zwischen Gardine und Eiserner Vorhang“, sagte er zu Eisläuferin Katarina Witt, die einmal in der Show ein unförmiges Samtkleid mit Puffärmeln trug.
Internationale Showgrößen ließen sich bis auf US-Schauspieler Ben Stiller diesmal nicht blicken. Lanz' Gäste waren deutsche Stars wie die Fantastischen Vier, Sängerin Helene Fischer oder die Schauspieler Wotan Wilke Möhring und Til Schweiger. Unisono erzählten sie, dass die Show sie schon lange begleitet habe und es die erste Sendung gewesen sei, die sie gemeinsam mit ihrer Familie am Abend hätten anschauen dürfen.
Zusammen mit Michael („Bully“) Herbig gab Komiker Otto Waalkes ein Abschiedsständchen für Markus Lanz. Nach der Melodie von Frank Sinatras Hit „My Way“ sangen sie: „Es war ein buntes Treiben, das lassen wir in Zukunft bleiben, für Markus Lanz ist heute Schicht. Wird er bezahlt? Ich hoffe nicht.“
Für ihn sei „Wetten, dass...?“ „ein Stück Kindheit, das gegangen ist“, sagte Lanz nach der Sendung. Er sehe den Abschied auch mit einem weinenden Auge, aber im Moment überwiege bei ihm ein Gefühl der Dankbarkeit. Zu der vielen Kritik, die er sich anhören musste, sagte der 45-Jährige, er werde „das Gefühl nicht los, dass die Sendung ein staatstragendes Ereignis ist“. Er habe die Show aber stets „ohne Groll“ präsentiert.
ZDF-Intendant Thomas Bellut betonte: „Markus Lanz hat das großartig gemacht. Es ist verdammt schwer, die letzte Sendung zu machen, und er hat genau die richtigen Worte gefunden.“ Die Sendung sei so perfekt gelaufen, als ob sie noch ewig weitergehen könne. „Tut sie aber nicht“, sagt Bellut. Die Show wird wegen dramatisch gesunkener Einschaltquoten eingestellt. Zu den besten Zeiten schauten allein in Westdeutschland 23,4 Millionen Europas erfolgreichste TV-Show, zuletzt dagegen nur noch 5,5 Millionen. Darauf müsse ein Sender reagieren, sagte Bellut, auch um den Moderator zu schützen. Der Intendant fügte hinzu: Lanz „wird weiter für uns arbeiten, und er wird auch in der Prime Time weiter auftauchen“.