Gespräch: Rüdiger Hoffmann wollte eigentlich Rockstar werden
Nur wenige Komiker können von sich sagen, den deutschen Sprachschatz um eine Floskel erweitert zu haben. Rüdiger Hoffmann gehört dazu. Am Freitag tritt er in Krefeld auf.
Düsseldorf. Zur Begrüßung sagt Rüdiger Hoffmann: "Ja, hallo erstmal!" Offensichtlich will er die Situation umschiffen, dass der Interviewer pfiffig sein will und ihn mit eben jenem Satz in Empfang nehmen könnte, über den Literaturkritiker Hellmuth Karasek schrieb, Hoffmann habe mit ihm die deutsche Sprache nachhaltig beeinflusst.
Tatsächlich gibt es nur wenige zeitgenössische Humoristen, deren Running Gags sich zu umgangssprachlichen Standards entwickelten. Loriots bass erstauntes "Ach was!" gehört dazu, Hallervordens "Palim Palim". Und eben Hoffmanns "Ja, hallo erstmal!"
Genau genommen sind es sogar zwei Äußerungen, mit denen der Westfale sich in das teutonische Sprachempfinden schleichen konnte. Denn das stets auf "Ja, hallo erstmal" folgende "Ich weiß gar nicht, ob sie’s wussten..." hat mindestens gleichrangigen Kultstatus.
Für Hoffmann wurden sie zu Konstanten. Würde er sie weglassen, bestünde die Gefahr, dass seine Fans den bewaffneten Aufstand proben. Deswegen denkt er auch gar nicht dran: "Ich werde oft gefragt, ob mich das nicht nervt, wenn man mich auf der Straße mit meinen Floskeln anredet."
Wenn er spricht, lässt er sich Zeit, ganz so, wie man es von ihm gewohnt ist. Er wirkt deswegen aber nicht verlangsamt oder gar leicht zurückgeblieben, wie die Kunstfiguren, die er auf der Bühne erzählen lässt.
Im Gegenteil: Hoffmann wirkt sehr aufgeräumt: "Ganz ehrlich, es gibt wirklich Schlimmeres, als mit ,Ja, hallo erstmal’ begrüßt zu werden. ,Du Arschloch’ wäre schlimmer."
So weit würde wohl auch niemand gehen. Hoffmann erfreut sich weiterhin großer Beliebtheit. Die Säle sind immer noch voll, wenn auch nicht mehr bis zum Bersten, wie er es auf dem Zenit seiner Beliebtheit Mitte der 90er gewohnt war.
Damals waren seine Live-Shows bereits Monate im Voraus ausgebucht. Die Programm-Mitschnitte fuhren in den deutschen Albencharts ein Edelmetallzertifikat nach dem anderen ein. Hoffmann war so etwas wie der erste Popstar unter den jungen Humoristen, die sich fortan neudeutsch Comedians nannten.
Nur wenigen gelang es, in seine Erfolgssphären vorzustoßen. Michael Mittermeier und Atze Schröder, später Dieter Nuhr und vor allem Mario Barth.
Geändert habe sich in der Szene in den rund 15Jahren, seit Hoffmann mit ersten Auftritten bei "RTL Samstag Nacht" auf sich aufmerksam machte, nicht viel. Selbst thematisch hätte man sich nicht umstellen müssen: "Das sieht man alleine schon an Mario Barth, dass das alles immer noch funktioniert."
Also einfach von Mann und Frau erzählen und wie sie sich morgens vor dem Badezimmerspiegel am liebsten ins Gesicht springen würden? "Naja, bei mir ist das eher eine persönliche Sache. Wenn ich bestimmte Themen öfter im Programm hatte, nutzten sie sich für mich ab.
Ich habe zum Beispiel zwei oder drei Nummern über Ausländerfeindlichkeit gemacht und dann damit ausgesetzt. Natürlich blieb es aktuell. Aber für mich war es damals erstmal kein Thema mehr."
In seinem neuen Programm "Sex oder Liebe" ist es wieder Thema. Überhaupt will Hoffmann politischer sein und nicht nur das, wie er es nennt, "Alltagstypenkabarett" bedienen, das er selbst geprägt hat. Ein Stuhl, darauf ein Typ, und dann: "Ja, hallo erstmal!" Mehr brauchte es nicht, um die Menschen zum Lachen zu bringen.
Die aktuelle Tour wirkt da im Verhältnis schon fast wie eine Materialschlacht: Aufwendige Licht- und Toneffekte untermalen seinen Auftritt, im Hintergrund schwebt eine Videoleinwand, im Grunde ist alles so wie bei einem richtigen Rockstar.
"Während meiner ganzen Jugend habe ich in Rockbands gespielt. Wir haben uns einen Bus gekauft und sind nach Paris gefahren. Nur wollte uns keiner hören. Es wurde trotzdem ein schöner Urlaub."
Rockstar war also sein Traum. Nur wurde daraus nichts. Hoffmann wird zwar für das, was er auf der Bühne macht, frenetisch gefeiert. Rock sieht allerdings anders aus. Lediglich als Anheizer der Rolling Stones durfte er mal fungieren. Dabei hat er Blut geleckt.
Und jetzt singt er. "Es ist wieder so, wie bei meinen ersten Auftritten in den 80ern. Da hatte ich auch noch Songs in meinen Programmen."
Die dazugehörige CD, betitelt wie die Tour, hat er bereits im vergangenen Spätsommer veröffentlicht. "Musik habe ich schon immer gemacht. Mit zehn hatte ich Klavierunterricht, mit zwölf dann meine erste Band." Gut, das hatten viele. Fangen sie deswegen alle an zu singen?
"Ich wollte das einfach machen. Die Leute haben mir immer gesagt, ich hätte eine gute Stimme. Deswegen habe ich mich mit professionellen Songschreibern in Verbindung gesetzt, Frank Ramond und Matthias Haß."
Sauber. Da will also jemand nicht nur singen, weil’s ihm Spaß macht, er will damit auch Erfolg haben. Sonst würde er nicht Ramond engagieren, den Mann, der uns Roger Cicero und Annett Louisan bescherte, der Ina Müller und Barbara Schöneberger überhaupt erst das Singen beibrachte - was immer man davon auch halten mag.
Die Zusammenarbeit sei grandios gewesen, lobt Hoffmann. Er lieferte die Themen, Ramond und Haß gossen seine Notizen in 13 Songs, von denen es acht vom Album in die Show geschafft haben. Zu den Comedyszenen steht der Musikanteil im stattlichen Verhältnis von 50:50. Die Hälfte ist Tradition. Sie beginnt mit "Ich weiß gar nicht, ob sie’s wussten...!"