Hartz IV: Wenn schon ein Eis zu teuer ist
Kinder von Arbeitslosen lernen früh zu verzichten. Zwei Familien erzählen.
<strong>Neuss/Mönchengladbach. Wenn abends ein lautes Klingeln in den Neusser Straßen den Eismann ankündigt, dann lautet die Frage hunderter Kinder: "Mama, darf ich ein Eis haben?" Die fünfjährige Sarah W. stellt eine andere Frage. "Mama, haben wir genug für ein Eis gespart?" Schon früh hat sie gelernt, dass ihre Eltern im Vergleich zu anderen sehr wenig Geld haben. Ihr Vater ist arbeitslos, ihre Mutter hat einen 400-Euro-Job, die Familie bekommt Hartz IV. Für Sarah bedeutet das vor allem: "Geduld bewahren." Auf die heiß ersehnte Barbie-Puppe beispielsweise wurde lange gespart.
Sarah hatte Angst, mit einer leeren Schultüte da zu stehen
Groß war ihre Sorge, am ersten Schultag mit einer wenig gefüllten Schultüte neben den anderen Erstklässlern zu stehen. Das war jedoch unnötig. Weit im Voraus hatten die Eltern kleine Summen zurückgelegt - für die Schultüte, aber vor allem für die Grundausstattung eines Schülers. Tornister, Sporttasche und Mäppchen inklusive Stifte schlugen trotz Sonderaktion mit 140 Euro zu Buche. Für Hefte, Bücher, Block, Malkasten, Schnellhefter und Co. kamen noch mal rund 70 Euro hinzu.
"Ohne meinen 400-Euro-Job ginge es nicht", sagt Sarahs Mutter. Dann wäre es auch nicht möglich, Sarah in die offene Ganztagsschule zu schicken. Sie kostet 55 Euro im Monat plus 2,50 Euro pro Tag für das Mittagessen. Deutlich mehr als die Regelsätze von Hartz IV veranschlagen. "Aber die Bildung für Sarah ist mir wichtig, das Geld will ich aufbringen", betont Marikka W.
Trotzdem muss Sarah sich auch hier einschränken. So bietet ihre Schule am Nachmittag verschiedene AGs an. Sarah wäre furchtbar gerne in die Theater-Gruppe gegangen. Doch die ist kostenpflichtig und schied damit aus. Auch der Schwimmkurs war nicht finanzierbar. Aber ab Januar soll Sarah zu den Pfadfindern. "Wir möchten ihr auch ein Freizeitvergnügen bieten. Da erlebt sie außerdem eine Gemeinschaft", erklärt ihre Mutter. Sarah hält das für einen guten Ersatz.
"Sie ist schon sehr weit für ihr Alter", sagt die Mutter und erzählt, wie Sarah als Vierjährige vorschlug, selbst arbeiten zu gehen, damit mehr Geld in die Familienkasse käme und der Sparvorgang für diverse Dinge beschleunigt würde. Ausgiebig mussten die Eltern ihr erklären, dass sie dafür zu klein sei und Geduld haben müsse. Noch bringt Sarah diese auf. Aber wie lange noch - sorgen sich die Eltern.