Henrico Frank: Vom Buhmann zum Muster-Arbeiter
Karriere: Henrico Frank wurde als „frechster Arbeitsloser“ bekannt, als er Kurt Beck anpöbelte. Jetzt hat er einen festen Job.
Frankfurt. Für Henrico Frank ist es ein kleiner Triumph über sich selbst - und über Kurt Beck. Seit nunmehr dreieinhalb Jahren hat Deutschlands einst "frechster Arbeitsloser" ("Bild"-Zeitung) einen festen Job bei dem Frankfurter Musiksender iMusic TV. Jeden Morgen steht er um 6 Uhr auf und geht - wie er betont - immer mit "Bock" an die Arbeit. "Es ist für mich im Moment die Erfüllung. Das alles hat mir ein ganz anderes Selbstwertgefühl gegeben", sagt der 41-Jährige. Er wirkt rührend, der Mann, der einst "die Nation gespalten hat", wie er selbst sagt. Kurt Beck wollte sich zu Frank auf Anfrage nicht mehr äußern.
Jenes Treffen auf einem Weihnachtsmarkt mit dem damaligen SPD-Chef in Wiesbaden hatte Frank im Jahr 2006 über Nacht bundesweit bekanntgemacht. Angetrunken, mit langen Zottelhaaren, Vollbart und zig Piercings machte er damals Beck für Hartz IV und Millionen Arbeitslose verantwortlich, woraufhin dieser zurückblaffte: "Wenn Sie sich waschen und rasieren, haben Sie in drei Wochen einen Job." Erst war Beck der Buhmann, dann Frank, bei dem ein "Arbeit ist scheiße"-Aufnäher entdeckt wurde und der mehrere Jobangebote Becks ablehnte.
"Ich bin nicht mehr ganz so aufbrausend. Ich hab’ hier im Sender mit zu vielen Leuten zu tun, da kann ich nicht mehr die alte Rocksau raushängen lassen", sagt der gelernte Baufacharbeiter, der seine Aktion aber nicht bereut. "Den Spießrutenlauf in den Medien will ich nicht noch einmal durchmachen, auf der anderen Seite hat es mich voran gebracht, es hat mich hierher gebracht."
Sein heutiger Chef Marco Quirini las von dem Mann, der zwischen 1992 und 1996 sogar auf der Straße gelebt hatte, und gab ihm eine Chance. Das war mehr als ein PR-Coup des kleinen Senders, sonst wäre Frank heute nicht mehr dort. "Er ist sehr diszipliniert, immer pünktlich und möchte sich stets weiterentwickeln", sagt Quirini. "Henrico hat seine Chance - wohl seine letzte - absolut genutzt." Dafür nimmt Frank täglich drei Stunden pendeln mit der S- Bahn in Kauf.
Was Frank bei seiner Arbeit genau macht? "Ich bin die Koordination der Post-Production, die Schnittstelle zwischen den Cuttern und der Werbeabteilung", erklärt er kryptisch. Er schneidet auch selber, archiviert oder ist als Kameramann unterwegs. Quirini: "Er ist ein echter Autodidakt." Nicht zuletzt ist Frank für die Rock- und Metal-Ecke zuständig, sucht Videos aus oder sichtet Bands bei Festivals.
Der erklärte Linke-Wähler kann bei der Arbeit weiter lange Haare und Piercing tragen: "Ich käm’ wohl nicht glaubhaft rüber, wenn ich mit Anzug und Schlips nach Wacken fahren würde."