Hirn an Ohr: Lacht noch einer?

Otto Waalkes wird 60 Jahre alt. Seit Jahrzehnten gibt er das kleine Ottili – mit nie versiegendem Erfolg.

Emden. Die Festschriften, die dieser Tage über Otto Waalkes hereinbrechen, hätten eigentlich schon zu seinem 40. Geburtstag geschrieben werden können. Denn bereits damals hatte er alle Zoten gerissen. Was danach kam, war die pausenlose Reproduktion seines überschaubaren Werkes, die Denkmalpflege in eigener Sache, 1987 gekrönt durch die Eröffnung eines eigenen Museums, dem Otto-Huus in seiner Geburtstadt Emden.

Aber selbst wenn seine Auftritte nur noch vorauseilende Nachlassverwaltung sind, hat Waalkes im Grunde nur das gemacht, wovon jeder insgeheim träumt - irgendwann einmal den Nerv der Masse zu treffen und fortan davon leben zu können. Deswegen sitzt "das Ottili" auch heute noch jodelnd auf einem Barhocker, klampft auf seiner Gitarre und kalauert sich durch seinen erprobten Pointen-Kanon - die Führerscheinprüfung von Harry Hirsch, die Badezimmerromanze zwischen Susi Sorglos und ihrem Fön oder die Englischstunde für Fortgeschrittene ("English for Runaways") mit Peter, Paul und Mary.

Otto ist mit dieser beständigen Weigerung, sich doch noch einmal neu zu erfinden, das beste Beispiel dafür, dass Humor auch generationenübergreifend funktionieren kann. Schließlich haben über das unheilkündende "Jaaaa, mein Kind?" oder das akademisch gesäuselte "Nun, was wollen uns diese Worte sagen?" schon jene Großeltern und Eltern gelacht, deren Nachwuchs die beiden "7 Zwerge"-Filme (2004 und 2006) zu phänomenalen Kino-Erfolgen machte.

Dass Otto nicht nur sich selbst, sondern auch andere erfolgreich zitiert, brachte seiner Karriere erst den entscheidenden Impuls. In einem seiner Bühnenprogramme gab er 1972 einen Vierzeiler von "Titanic"-Redakteur Robert Gernhardt als Eigendichtung aus. Statt einer Klage kam man schnell überein, zusammenarbeiten zu wollen.

Neben Gernhardt werkelten ab Mitte der 70er auch seine Kollegen von der Neuen Frankfurter Schule, Pit Knorr und Bernd Eilert, an dem, was als typischer Otto-Humor das deutsche Komik-Verständnis umkrempeln sollte.

Plötzlich durfte geblödelt werden, völlig sinnfrei, aber sprachlich ausgefeilt. Waalkes war der Gegenentwurf zum angestaubten Bildungsbürgertum, für das eine Pointe stets intellektuell unterfüttert zu sein hatte.

Doch so possierlich seine Albereien heute erscheinen mögen - damals waren sie für handfeste Skandale gut. Etwa, wenn er zu Heinos Geburtstag tönte: "25 Böllerschüsse - und keiner hat getroffen!" Oder über den Pontifex witzelte: "Der Papst hat versucht, sich umzubringen. Er wollte sich beruflich verbessern." Für diesen Gag musste Otto sich beim damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt formell entschuldigen. "Gratiswerbung war das", kommentiert Waalkes das heute.

Seine kreative Eigenleistung endete quasi, als er sein Oeuvre erstmals als lose zusammen gesponnene Handlung auf die Leinwand brachte. "Otto - Der Film" (1985) lockte insgesamt 14,5 Millionen Besucher ins Kino - Rekord, bis heute!

Auch die Nachfolger handelten davon, dass ein etwas dödeliger Loser-Typ in gebückter Haltung, die Arme angewinkelt, die Hände lose baumelnd, durch die Szenerie springt und, sobald er innehält, ein nasal triumphierendes "Ha Ha" ausstößt. Erstaunlich, wer das heute noch aushält. Aber ein Lügner, wer behauptet, darüber noch nie gelacht zu haben.