Hitzekollaps im ICE: „Keiner fühlte sich verantwortlich“
Lehrer sind empört über das Verhalten der Bahn. Schüler werden psychologisch betreut.
Remscheid/Willich. Auf Angst und Panik folgen Wut und Entrüstung: Nach dem Zusammenbruch mehrerer Schülerinnen wegen der Hitze in ICE-Zügen sind die Betroffenen trotz Entschuldigung der Bahn empört über das mangelnde Krisenmanagement des Unternehmens. "Ich bin erschüttert, dass so etwas passieren kann, dass ein Unternehmen so etwas zulässt", sagt Lehrerin Dagmar Reichenberg-Arnoldi in Willich. "Auf dem Bahnsteig waren keine Personen zu finden, die sich verantwortlich fühlten", klagt die Schulleiterin vom St. Bernhard-Gymnasium, Margret Peters. Viele Schüler würden weiter psychologisch betreut.
Die Sophie-Scholl-Gesamtschule in Remscheid will sogar Schadenersatz von der Bahn fordern. Die Bahn habe den Vertrag auf Beförderung der Schüler nicht erfüllt, sagt Schulleiterin Brigitte Borgstedt. "Die Beförderung endete im Desaster, und das nicht nur einmal." Außerdem rät die Schule den Eltern der betroffenen Kinder zu einer Sammelklage, sollten die Ermittlungen der Bundespolizei den Verdacht der fahrlässigen Körperverletzung bestätigen.
Das St. Bernhard-Gymnasium hingegen will die Entscheidung über Schadenersatzforderungen ganz den Eltern überlassen. "Als Schulträger werden die Malteser keine Klage erheben", stellt Prokurist Patrick Hofmacher klar.
Die insgesamt 60 Schüler aus Willich und Remscheid waren auf dem Rückweg von einer Klassenreise nach Berlin, als die Kühlung des Zuges versagte. Bereits in Hannover hatte eine Klasse den Zug gewechselt - allerdings in den ebenfalls völlig überhitzten ICE mit Temperaturen von mehr als 50 Grad, der zudem völlig überfüllt war.
"Wir wurden nachdrücklich aufgefordert, schnell in den Zug einzusteigen, man kann sagen, wir wurden praktisch dazu gedrängt", empört sich Reichenberg-Arnoldi. In dem Zug und nach dem erlösenden Halt in Bielefeld seien die Menschen dann reihenweise kollabiert. "Es haben sich panikartige Szenen abgespielt", sagt Borgstedt.
Auf die Idee, die Notbremse zu ziehen, sei aber wohl niemand im Zug gekommen. Angesichts der Hitzeprobleme hätte der Zug eigentlich auf freier Strecke anhalten müssen, so die Schulleiterin. "Der Klassenlehrerin kann man da aber keine Vorwürfe machen", sagt Cordula Scherenberg, Mutter einer betroffenen Schülerin. "Wer hätte reagieren müssen, wäre das Zugpersonal gewesen."