Schüler kollabieren in überhitzten ICE-Wagen
Kollaps im Zug: Weil die Klimaanlage ausgefallen ist, brachen mehrere Schüler in einem ICE zusammen. Neun mussten ins Krankenhaus. Nun ermittelt die Bundespolizei wegen fahrlässiger Körperverletzung gegen die Bahn.
Bielefeld/Berlin (dpa). Hitzeschock im Zug: Weil die Klimaanlageausgefallen ist, sind etliche Schüler auf dem Rückweg von ihrerKlassenfahrt in einem ICE zusammengebrochen. In dem Zug von Berlinins Rheinland herrschten Passagieren zufolge Temperaturen zwischen 40und 50 Grad.
Für die Bahn haben die kaputten Klimaanlagen vielleichtein juristisches Nachspiel. Die Bundespolizei überprüfe den Verdachtder fahrlässigen Körperverletzung und der unterlassenen Hilfeleistungdurch das Zugpersonal, sagte eine Sprecherin derBundespolizeidirektion St. Augustin, die für den Bahnhof Bielefeldzuständig ist.Dort war am Samstag ein ICE aus Berlin gestoppt worden, nachdem sich die Situation in dem überhitzten Zug dramatisch zugespitzt hatte.
Mehrere Schüler und ältere Menschen erlitten einen Hitzekollaps und lagen dehydriert in den Gängen. Eine verzweifelte Mutter versuchte, eine Fensterscheibe einzuschlagen. Bahnchef Rüdiger Grube entschuldigte sich am Sonntag telefonisch bei Schülern und Lehrern und drückte sein Bedauern aus.Mehrere Klassen des Gymnasiums im rheinländischen Willich undeiner Gesamtschule in Remscheid hatten Berlin besucht - insgesamt 59Schüler und fünf Lehrer.
Schon kurz nach der Abreise am Samstag seidie Klimaanlage in dem ICE ausgefallen, berichtete die Schulleiterindes Gymnasiums in Willich nach Gesprächen mit Augenzeugen. DasBahnpersonal habe die Schüler mit Getränken versorgt und in die ersteKlasse gelassen. Doch auch dort versagte die Lüftung.In Hannover seien die Schüler in einen anderen ICE umgestiegen,der überfüllt war - und in dem ebenfalls die Klimaanlage kaputt war.
Auf dem Weg bis zum nächsten Stopp in Bielefeld wurde die Situationnach Aussagen der Rektorin dann sehr schwierig. Mitreisende Lehrerbeschrieben, dass mehrere ältere Menschen zusammenbrachen und in denGängen lagen. Eine Mutter habe fast die Nerven verloren und in Panikversucht, ein Fenster mit dem Nothammer einzuschlagen, weil ihrkleiner Sohn nach Atem rang.
Vom Zug aus wurden die Rettungskräfte in Bielefeld alarmiert. 91 Rettungskräfte waren im Einsatz, neun Jugendliche wurden ins Krankenhaus gebracht, einige erhielten Infusionen. Insgesamt wurden 27 Schüler medizinisch versorgt. Die Feuerwehr geht davon aus, dass alle Menschen das Krankenhaus wieder verlassen konnten. Es sei bereits vor Bielefeld bekanntgewesen, dass die Klimaanlage in dem Zug defekt gewesen sei, sagte die Bundespolizei-Sprecherin.
Ein Zeuge habe sich bei einem Zugbegleiter gemeldet, nachdem er einen strengen Geruch nach verbranntem Gummi bemerkt habe. Der Zugbegleiter habe dann festgestellt, dass die Klimaanlage nicht mehr funktioniere. Der Zug sei aber trotzdem weitergefahren. Ob der Defekt bereits vor der Abfahrt in Berlin bemerkt worden sei, konnte die Sprecherin nicht sagen.
Die Bahn räumte technische Probleme ein, betonte aber, dass es sich um bedauerliche Ausnahmen handele. Bahn-Sprecher Jürgen Kornmann sprach von insgesamt drei ICE von Berlin Richtung Köln, die am Samstag in Hannover oder Bielefeld wegen Überhitzung aus dem Verkehr gezogen wurden.In den modernen Zügen lassen sich die Fenster nicht öffnen.
Schon im Hitze-Sommer 2003 brachen bei dem damals recht neuen ICE 3 die Klimaanlagen regelmäßig zusammen. Es gab Probleme mit Luftfiltern, die schnell verschmutzten und so verstopften, so dass die Klimaanlage erst weiter hochfuhr und sich dann abschaltete.