Ingo Steuer: Ein Trainer für drei Nationen

Bei den Winterspielen in Vancouver trainiert Ingo Steuer Eiskunstläufer aus Deutschland, der Ukraine und der Schweiz.

Vancouver. Wenn Ingo Steuer (43) in Vancouver bei den Olympischen Spielen unterwegs ist, trägt er meist die weiße Jacke mit den großen schwarz-rot-goldenen Streifen. Meist, aber nicht immer. Und zwar dann nicht, wenn Anais Morand und Antoine Dorasazd aufs Eis gehen. Dann schlüpft Steuer in ein knallrotes Oberteil mit weißem Kreuz. Denn Ingo Steuer ist auch Trainer der eidgenössischen Eiskunstläufer.

Aber nicht nur das: Wenn sich die Ukrainer die Schlittschuhe anziehen und auf dem Eis ihre Pirouetten drehen, steht Steuer ebenfalls als Trainer bereit. Diesmal allerdings in Blau. Der Grund für den dreifachen Ingo Steuer liegt in seiner frühere Arbeit für das DDR-Staatssicherheits-Ministerium von 1985 bis 1989.

Wegen dieser Stasi-Vergangenheit, aber auch weil sich der Eiskunstlauftrainer und einstige DDR-Weltklassesportler keiner Schuld bewusst sein will, bekommt er keine Stelle als Verbands-Trainer. Die deutschen Eiskunstläufer Aljona Savchenko und Robin Szolkowny zahlen ihn daher als Privattrainer aus eigener Tasche. Genauso wie die Sportler aus der Schweiz und der Ukraine.

Steuers Eiskunstlauf-Leidenschaft beginnt im Alter von fünf Jahren. Seine Begabung bleibt dem Sportsystem der DDR nicht lange verborgen. Talentspäher schicken ihn zum Eislauf-Stützpunkt Karl-Marx-Stadt. Nach mehreren vorangegangenen Erfolgen wird er mit 18 Jahren Junioren-Weltmeister im Paarlauf. 1998 holt er mit Mandy Wötzel olympisches Eiskunstlauf-Bronze.

Seit die deutschen Eiskunstläufer Aljona Savchenko und Robin Szolkowy ihr sicher geglaubtes Gold verpasst haben, glauben viele Olympia-Beobachter, dass der geniale Trainer Steuer unfähig ist, Menschen zu führen. Denn als die deutsche Gold-Hoffnung mit Szolkowys Sturz auf dem Eis zerschellt, erkennen viele nicht nur Entsetzen, sondern blanke Wut in Steuers Gesicht.

Dazu passt, dass Steuer nach dem Paarlauf beleidigt Interviews gibt und beide Sportler brüskiert ("Vielleicht fange ich wieder an, denn diese Kür hätte ich noch hingekriegt"). Um Aljona Savchenko, die von Weinkrämpfen geschüttelt in der Kabine kauert, kümmert er sich nicht.

"Brutalo Steuer" tauften ihn Boulevard-Medien bereits. Dabei konnte einem der 43-Jährige zu Beginn der Spiele noch sympathisch sein: Hinter der Bande tanzte er jede Figur seiner Schützlinge mit, wiegte seinen Körper im Takt - scheinbar ganz eins mit dem Paar auf dem Eis. Doch da war die Goldmedaille noch in Sicht.