Duisburg Jähes Ende eines Weihnachtstörns - Schiffshavarie auf dem Rhein
Ein Hotelschiff rammt den Pfeiler einer Rheinbrücke, zahlreiche Menschen werden verletzt. Ein Fahrfehler? Die starke Strömung? Bei der Ursachenforschung soll auch die Aussage des Kapitäns Aufschluss geben. Die Passage an der Unglücksstelle gilt als knifflig.
Duisburg. Ein heftiger Ruck, ein Knall, dann ist der weihnachtliche Törn auf dem Rhein für mehr als 100 Passagiere der „Swiss Crystal“ jäh zu Ende. Zahlreiche Menschen an Bord stürzen zu Boden, als das Hotelschiff am Dienstagabend gegen 20.45 Uhr bei Duisburg frontal einen Pfeiler einer Autobahnbrücke rammt. Bis zu 30 der 129 Menschen an Bord werden verletzt, viele müssen ärztlich versorgt werden. Am Tag nach dem Unglück zeigt sich, dass die Reisenden aus den Beneluxstaaten Glück im Unglück hatten: Schon am Vormittag sind die meisten wieder zu Hause oder auf dem Heimweg, keiner von ihnen musste weiter im Krankenhaus behandelt werden.
Auch der massiv beschädigte Bug der rund 100 Meter langen „Swiss Crystal“ der Schweizer Reederei „Scylla“ zeugt von der Wucht des Aufpralls. Die Brücke der stark befahrenen A42 wurde nach dem Unglück direkt gesperrt und erst wieder freigegeben, nachdem Experten schwerere Schäden ausgeschlossen hatten.
Die Ermittlungen der Polizei zu den Ursachen für das Unglück liefen direkt nach der Havarie an, sie können einige Zeit in Anspruch nehmen. Ermittelt werde in alle Richtungen. Ein Polizeisprecher bezeichnete die Rheinpassage an der Unglücksstelle für die Schiffsführer als „eines der schwereren Stücke“. Der Kapitän des Unglücksschiffs erlitt einen Schock und konnte noch nicht direkt zum Hergang des Unglücks befragt werden.
Die „Swiss Crystal“ befand sich auf den letzten Kilometern eines Törns mit Start und Ziel in Arnheim über Mainz und Koblenz, der am 22. Dezember begann und am Mittwoch enden sollte. In einer langen Rechtsbiegung des Rheins in Richtung Niederlande liegt die Brücke Baerl der Autobahn 42, kurz davor die „Haus-Knipp-Eisenbahnbrücke“. Die Schiffsführer müssen zunächst den Pfeiler der Eisenbahnbrücke passieren und dann die folgende A42-Brücke unterqueren.
Am Dienstagabend war der Rheinpegel erhöht (5,68 Meter), deshalb lag der Pfeiler der Autobahnbrücke anders als bei normalem Stand im Wasser. Warum das Hotelschiff die Kurve nicht bekam und mit der Normalgeschwindigkeit von 25 bis 28 Stundenkilometern mit dem Pfeiler kollidierte, das gilt es nun zu klären.
Die Angaben zu den Verletztenzahlen schwankten auch im Laufe des Mittwochs. Die Feuerwehr berichtete offiziell von 27 Verletzten, die Reederei in einer Pressemitteilung von 26 verletzten Passagieren und 4 verletzten Besatzungsmitgliedern. Zwei Passagiere und ein Besatzungsmitglied seien am Mittwoch noch im Krankenhaus gewesen, hieß es in der Mitteilung.
Bei der Rettungsaktion in der Nacht nahm die „Emily Brontë“, das ebenfalls stromabwärts befindliche Schwesterschiff der „Swiss Crystal“, die Passagiere auf und zog den Havaristen nach Duisburg-Mühlenweide am Eingang des Ruhrorter Hafens. Dort wurde den Passagieren von der Reederei angeboten, auf dem bereits eingetroffenen Ersatzschiff „Swiss Diamond“ zu übernachten oder direkt per Bus die Heimreise anzutreten.
Das beschädigte Schiff, das nach Angaben der Reederei 1995 erbaut und 2007 komplett renoviert wurde, wird für die Ermittlungen vorerst in Mühlenheide liegen. Die Schweizer Reederei befürchtet lange Verhandlungen mit der Versicherung wegen der Schadenshöhe. „Was und wie viel von der Versicherung übernommen wird, hängt von den Umständen des Unfalls ab“, sagte eine Sprecherin der Reederei dem Online-Portal „Der Westen“. Die Klärung der Details könne sich über Monate, wenn nicht sogar Jahre hinziehen.
Statiker des Landesbaubetriebes Straßen.NRW untersuchten am Mittwoch zunächst, ob die nach dem Unfall aus Vorsichtsgründen gesperrte Brücke weiter befahrbar ist. Die Experten gaben die zwischen den Anschlussstellen Duisburg-Baerl und -Beeck in beiden Richtungen für mehrere Stunden gesperrte Autobahn 42 am Vormittag wieder für den Verkehr frei. Die A42 ist einer der Hauptverkehrswege in und aus Richtung der Beneluxstaaten und wird im Jahresdurchschnitt von rund 90 000 Fahrzeugen pro Tag befahren. dpa