Keine Lust auf Stau: Gefährliche Wendemanöver auf der A52

Nach einem Unfall mit einer Toten bringen ungeduldige Autofahrer sich und andere in Lebensgefahr.

Düsseldorf. Sonntagabend, 20 Uhr: Ulli Eichblatt steckt auf der Autobahn im Stau. Der Verkehrsfunk meldet kurz darauf den Grund: "Wegen eines schweren Unfalls ist die A52 zwischen dem Kreuz Düsseldorf Nord und der Anschlussstelle Ratingen gesperrt." Was da passiert ist, erfährt der Fotograf erst später: Ein mit drei Frauen besetzter Nissan aus Ratingen war gegen 19.20 Uhr ins Schleudern geraten und gegen die Mittelplanke geschleudert.

Der Wagen überschlug sich. Eine 48-jährige Beifahrerin wird auf die Straße geschleudert und stirbt noch an der Unfallstelle. Die Fahrerin (28) muss von der Feuerwehr aus dem Auto befreit werden und wird mit dem Rettungshubschrauber in eine Duisburger Klinik gebracht. Eine weitere Beifahrerin (18) kommt in ein Düsseldorfer Krankenhaus.

Hinter der Unfallstelle bildet sich bald ein langer Stau. Die Autofahrer bilden für die Rettungsfahrzeuge eine Gasse - und warten. Doch nach einiger Zeit verlieren die ersten die Geduld. "Ich traute meinen Augen nicht", erzählt der Ratinger Eichblatt, "da drehten doch einige ihr Fahrzeug und fuhren durch die Rettungsgasse als Geisterfahrer Richtung Kreuz Düsseldorf Nord."

Schätzungsweise zehn Autofahrer hätten sich auf diese Weise davon gemacht. "Besonders aufgefallen ist mir ein Audi-Fahrer. Der drehte nochmals und fuhr dann rückwärts aus dem Stau."

Nach Erfahrung der Düsseldorfer Autobahnpolizei kommt es nach Unfällen immer wieder zu solch lebensgefährlichen Wendemanövern. "Wenn einer damit anfängt", so die Erfahrung von Polizeisprecherin Susanna Heusgen, "ziehen andere schnell nach."

Wenden auf der Autobahn sei grundsätzlich verboten und könnte sogar eine Straftat darstellen. "Die Falschfahrer bringen sich und andere in Lebensgefahr", so Heusgen.

Gewendet werden darf auf der Autobahn nur unter strengster polizeilicher Aufsicht, nach einem Befehl aus der Einsatzzentrale. Diese "gezielte Rückführung von hinten nach vorne" über den Standstreifen zur nächsten Anschlussstelle hat es dann am Sonntagabend auch rund eine Stunde nach dem Unfall gegeben.

"Das ist, wo es möglich ist, gängige Praxis ", so Wolfgang Beus, Sprecher des NRW-Innenministeriums, "schließlich sollen die Menschen nicht stundenlang im Stau gefangen bleiben."

Das "Rückführen des gestauten Verkehrs" geht auf die Initiative von Innenminister Ingo Wolf (FDP) im Rahmen des Anti-Stau-Konzepts aus dem Jahre 2005 zurück. Danach soll die Autobahnpolizei flexibel auf die verschiedenen Staulagen reagieren und "konsequent im Interesse der Autofahrer" handeln.

Minister Wolf stellte aber klar: "Nur die Polizei darf auf diese Art im Ausnahmefall einen Stau auflösen." Kein Autofahrer dürfe deshalb eigenmächtig auf der Autobahn zurückfahren. "Eigenmächtiges Wenden auf der Autobahn ist und bleibt strafbar. Das ist jedem Autofahrer bekannt. Hier kennt die Polizei kein Pardon", machte der Minister deutlich.