Kind entführt — 13 Stunden Albtraum
Ein Mann kidnappt eine Vierjährige vor den Augen der Mutter. Nach einer Geldzahlung kommt das Mädchen frei.
Potsdam. Es ist der Albtraum aller Eltern: Das Kind in den Händen eines Unbekannten, dessen Absichten man nicht kennt. Durch den Zettel in ihrer Hand weiß die Mutter (41) zwar, dass ihre Tochter entführt wurde, um Lösegeld zu erzwingen. Doch auch nach dem ersten Telefonat mit dem Täter fehlt der erlösende Hinweis, dass es der Vierjährigen gut geht. Ein Nervenkrieg, der am Donnerstag eine Familie in Kleinmachnow bei Berlin sowie rund 530 Polizisten in Atem gehalten hat. Mehr als 13 Stunden vergingen zwischen Hoffen und Bangen, bis Karoline am Abend nach Hause zurückkehrte.
„Nach allem, was wir wissen, hat es die Entführung unbeschadet überstanden“, berichtete Polizeipräsident Rainer Kann am Freitag über das Mädchen. Es bekam zu essen, hatte im Auto Spielzeug, und zwischendurch ging der Entführer mit der Vierjährigen spazieren. Dinge, die den Eltern vielleicht das Warten erleichtert hätte — die sie aber nicht wussten.
Sie hatten nur dieses Bild: Während die Mutter das Auto belädt, stürmt ein maskierter Mann heran, reißt die Tochter an sich. Die Mutter bedroht er mit einer Sichel und drückt ihr einen Zettel in die Hand. Auf diesem ist eine Lösegeldforderung formuliert, zudem der Hinweis „keine Polizei, keine Presse“, am Textende eindringlich wiederholt „ans Kind denken, keine Polizei“.
Es beginnt der Nervenkrieg. Dreimal haben die Mutter, eine Steuerberaterin, und ihr Mann Kontakt zum Entführer. Schließlich kommt es am Abend zur Übergabe des Lösegeldes. Eine halbe Stunde später ist das Drama beendet, Karoline frei.
Der mutmaßliche Entführer sitzt inzwischen in Untersuchungshaft. Der 44-Jährige wurde nach der Freilassung des Kindes in Kleinmachnow geschnappt. In seinem Auto wurde eine Sichel und das Lösegeld in Höhe von 60 000 Euro gefunden.
Am Freitag erging Haftbefehl gegen den geschiedenen dreifachen Vater. Der frühere Jurastudent, der sich mit einer Confiserie und einem Tierfuttergeschäft als Unternehmer versuchte, hat die Tat gestanden.
Das Motiv des Berliners: Schulden. „Er hat über sich selbst ein gewisses Unverständnis geäußert“, so der Leitende Oberstaatsanwalt Heinrich Junker.
In Kleinmachnow ist die Erleichterung am Tag nach der Entführung spürbar. „Wir hatten wirklich Panik“, schildert eine 43 Jahre alte Frau aus der Nachbarschaft. Sie hat selbst zwei vier und sieben Jahre alte Töchter.